Dieser Cocktail ist leider nicht gut gemixt

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gaia Avatar

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„Moscow Mule“ bezeichnet einen Wodka-Cocktail, der interessanterweise nicht in Russland sondern in den USA erfunden wurde, um Wodka dort populär zu machen. Er ist also kein Exportschlager, sondern ganz und gar amerikanisch. Für mich ist der gleichnamige Roman von Maya Rosa leider auch kein Exportschlager. Ich finde den Mix nicht ausgewogen und das Buch trifft leider so gar nicht meinen Geschmack.

Die Ich-Erzählerin Karina ist außerhalb von Moskau aufgewachsen und pendelt nun als Studentin des politischen Journalismus zwischen Moskau und einem Vorort, in dem sie bei ihrer Großmutter lebt, hin und her. Die meiste Zeit verbringt sie entweder mit ihrer besten Freundin Tonya, in einem Club oder im Bett mit einem (meist wildfremden) Mann. Wahlweise die letzten beiden Punkte auch zusammen mit Tonya. Beide wollen raus aus Russland, vor allem seit 2006 die kremlkritische Journalistin Anna Politkowskaja einfach so in Moskau ermordet wurde.

Jetzt denkt man: Das ist eine wirklich gute Voraussetzung für einen tiefgründigen Roman, der sich mit der Seele junger, politisch engagierter Leute in Russland beschäftigt. Aber weit gefehlt. Tiefgründig wird es leider nie so richtig im Roman. Die Figuren bleiben unglaublich blass. Inhaltliche Tiefe will scheinbar allein dadurch erreicht werden, dass mehrfach der Mord an Anna Politkowskaja mehrfach erwähnt wird (mehr aber auch nicht). Vielleicht will der Roman auch die Selbstermächtigung zweier Frauen zeigen, die sich Männer zunutze machen. Aber letztlich vögeln sie sich nur durch die Gegend mit wechselnden Partnern, um bestenfalls einen Vorteil für sich herausschlagen zu können.

Ich muss ehrlich zugeben, dass ich bis Seite 100 intensiv gelesen und gehofft habe, irgendwo Tiefe zu finden. Ab da habe ich eher so oberflächlich weitergelesen, wie auch der Text geschrieben ist. Leider tauchte bis zum Ende des Romans keine Szene mehr auf, die mich irgendwie mitnehmen konnte. Der Schreibstil ist durchschnittlich bis einfach gehalten und der angekündigte Humor trifft scheinbar so gar nicht meinen Sinn für Humor.

Mich hat das Cover gleich auf den ersten Blick gebannt und der Klappentext klang interessant, ebenso wie die ersten Seiten. Aber es bleibt bei einer Aneinanderreihung von gefühlt zu belanglosen Szenen (im Vergleich dazu, was für ein Fass hätte aufgemacht werden können, da die Protagonistin politischen Journalismus studiert und kurz zuvor Anna Politkowskaja ermordet wurde). Es ist so schade, hatte ich doch zunächst ein großes Interesse an diesem Buch. Deshalb gibt es leider keine Leseempfehlung von mir für den unausgewogenen, eher langweiligen Cocktail „Moskow Mule“, den ich, hätte ich dafür nicht eine Rezension schreiben wollen, nicht einmal vollständig ausgetrunken (aka zu Ende gelesen) hätte.

2/5 Sterne