Aus dem Schuhkarton in die Welt

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Ein Leben, das in einem Schuhkarton beginnt – schon dieses Bild entfaltet eine beinahe mythische Kraft. Die Erzählung von Fabiola Cordero de Dios ist durchzogen von Sinnlichkeit, Symbolik und einem feinen Sinn für das Grotesk-Schöne des Lebens. Zwischen Klostermauern, Tangoschritten und glänzenden Schuhspitzen entfaltet sich ein Stück weiblicher Selbstwerdung, das in seinem Ton an lateinamerikanische Erzähltraditionen erinnert – magisch, überbordend, zugleich präzise beobachtet.

Sprachlich changiert der Text zwischen Märchen und Erinnerung, zwischen ironischer Distanz und poetischer Tiefe. Besonders faszinierend ist die Leitmetapher des Schuhs: Er steht für Herkunft, Bewegung, gesellschaftliche Stellung, ja, für das Gehenlernen im wörtlichen wie im übertragenen Sinn. Jede Passage scheint von dieser Metapher durchpulst, bis sich Fabiolas Schicksal fast tänzerisch entfaltet.

Auch der Erzähler – mit seiner selbstironischen, fast schelmischen Stimme – durchbricht gekonnt die lineare Erzählweise und kündigt schon früh eine größere, epische Geschichte an. Damit entsteht ein kunstvoller Spannungsbogen, der Lesende zugleich auf eine persönliche und historische Reise vorbereitet.

Ein Text, der sich liest wie ein Tango: rhythmisch, voller Leben, mit einem Unterton von Melancholie – und dem Versprechen, dass hinter jedem Schritt ein neuer Anfang wartet.