Kindheit und Jugend auf dem Land

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Die Protagonistin Maria ist alleinerziehende Mutter von zwei pubertierenden Mädchen. Sie lebt in der Stadt und arbeitet in der Werbung. Der Roman beginnt mit der Bitte ihrer Mutter, auf den elterlichen Hof zu kommen und sich um die demente Oma zu kümmern, da der Vater einen landwirtschaftlichen Unfall hatte und im Krankenhaus liegt. Maria reist also auf den Hof bzw. die Mühle und wird dort mit ihrer Vergangenheit konfrontiert.

Man hat ja so einige romantische Illusionen, was das Landleben betrifft. Nach der Beendigung der Lektüre war ich gründlich desillusioniert. Mir ist klar, das Nutztiere nicht zu Tode gestreichelt werden, aber die Beschreibungen in diesem Roman lassen einem alles wieder hochkommen. Tiere werden hier vergegenständlicht, um es freundlich auszudrücken.Hier werden Schweine erschossen, Hunde angekettet, Rehkitzen der Schädel eingeschlagen und neugeborene Kätzchen in den Brunnen geschmissen. Leider hat Martina Bogdahn mit dem, was sie hier beschreibt, sicherlich Recht, was den Umgang mit Tieren in landwirtschaftlichen Betrieben anbelangt.
Besonders die Art der Oma die Tiere zu behandeln ist einfach nur unbegreiflich. Ohne hier eine Diskussion über Tierethik lostreten zu wollen fand ich es für mich abschreckend und trotzdem wichtig zu lesen, wie Bauernhoftiere mit eigenem Namen und zu denen man offenbar einen Bezug hatte, ihr Leben für uns lassen. Wie einfach ist es doch nicht darüber nachzudenken, woher das Stück Fleisch auf dem Teller kommt und dass damit Leid verbunden ist.

Als Katzenbesitzerin fand ich es auch nicht schön zu lesen, was mit den Kätzchen nach ihrer Geburt passiert ist, aber auch das ist traurige Wahrheit (mein Kater war genauso ein Bauernhofkätzchen, dem sein Schicksal erspart blieb).

Maria jedenfalls wollte nach ihrer Kindheit auf dem Hof schnellstmöglich weg. Kein Freibad, keine Ferien, dafür jede Menge Arbeit auf dem Hof und Schämen für den Stallgeruch.
Letztendlich kann sie ihre Vergangenheit doch nicht komplett abschütteln und ordnet sich als Erwachsene teilweise wieder ins Familiengefüge.

Für mich war der Roman trotz sympathischeer Verfasserin leider nichts. Ein paar nostalgische Erinnerungen konnte ich teilen: als Kind der 80er war auch meine höchste Glückseligkeit der Benettonpulli, und in meiner Klasse waren auch einige Kinder der umliegenden Dörfer, die vom Bauernhof kamen. Die Geschichte selbst hatte allerdings zu viele Ekelfaktoren. Mich hätte auch mehr die innere Zerrissenheit der Protagonistin interessiert. Der Gewissenskonflikt zwischen Solidarität zu den Eltern und der Scham über die Herkunft kamen kaum zur Sprache, so dass es daher bei einer zwar realistischen aber etwas eindimensionalen Erzählung über das Aufwachsen auf dem Land in den 80er Jahren bleibt.