Reality-Show im Buchformat

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In einer True-Crime-Serie ermitteln verschiedenen Experten live vor der Kamera in ungeklärten Kriminalfällen. In der neuesten Staffel handelt es sich um den Mord am Stiefvater des Regisseurs, der zwanzig Jahre zurückliegt. Es gibt zunächst nur ein paar Verdächtige und wenige Spuren. Im Laufe der Zeit kommen einige Geheimnisse ans Licht und es gibt immer mehr Verdächtige.

Der Stil des Buches ist etwas ganz Anderes und Neues. Die Lesenden haben lediglich das Transkript der einzelnen Folgen vorliegen, unterbrochen von Zeitungsartikeln, Foreneinträgen und Chatverläufen. Es gibt daher nur sehr kurze Beschreibungen der Umgebung und der Personen. Der Hauptteil ist eine Abfolge von Gesprächen, aus denen die ermittelnden Figuren und die Lesenden ihre Schlussfolgerungen ziehen und den Täter oder die Täterin überführen sollen. Was zunächst erstmal gewöhnungsbedürftig ist, liest sich in der Folge sehr gut weg. Lesende, die ausufernde Beschreibungen und Nebenhandlungen nicht mögen, kommen hier definitiv auf ihre Kosten. Es fühlt sich in der Tat so an, als schaue man eine True-Crime-Serie bei einem Streaming-Anbieter.

Der Fall selbst ist eher genretypisch. Was zunächst sicher scheint, ist dann doch ganz anders. Verdächtige werden erst entlastet und sind dann doch wieder im Spiel. Nach und nach kommen verschiedene Geheimnisse ans Licht, von denen nicht alle relevant sind. Ich hatte sehr früh den richtigen Verdacht, diesen aber zwischenzeitlich wieder verworfen, was wohl an den immer neuen Verdächtigen lag. Wahrscheinlich hat die Autorin dies so beabsichtigt, denn es gibt eine regelrechte Flut von Meinungen, Informationen und Dialogen, die die Aufmerksamkeit binden und die wichtigen Fakten überdecken.

Das Buch hat während des Lesens sehr viel Spaß gemacht, was vor allem an dem innovativen Format lag, das höchstwahrscheinlich nur einmal funktioniert. Der Kriminalfall war ein solides Verbrechen, das in klassischer Umsetzung wahrscheinlich weniger fesselnd gewesen wäre.