Klartext

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Die schmerzliche Erfahrung, ein Kind in der 16. Woche verloren zu haben, veranlasst die Autorin Eva Lindner zu einem Buch, wofür die Zeit längst überreif ist. Hier gibt sie Frauen eine Stimme, deren Trauer über eine Fehl- oder Stille Geburt bisher nicht wahr oder ernst genommen wurde. Sie zeigt Missstände in Deutschland auf, Ergebnis jahrzehntelanger patriarchialischer Medizin. Im Gegensatz dazu berichtet sie von Ländern, in denen man im Erkenntnisstand schon wesentlich weiter ist und dies auch entsprechend betroffenen Frauen zugute kommen lässt. Aber auch von Ländern, in denen es reicht, für eine Fehlgeburt zu 30 Jahren Haft verurteilt zu werden. Dies alles gibt Frauen das Gefühl, kein Einzelfall zu sein und auch nichts falsch gemacht zu haben, auch wenn es die Gesellschaft immer noch so vermitteln möchte.

Jedes Kapitel hat ein Einzelschicksal im Fokus, wofür dann entsprechend weitere Informationen hinzugefügt wurden, die wiederum sehr gut recherchiert und mit einem entprechenden Quellennachweis im Anhang versehen sind. Immer wieder kehrt die Autorin auch zu ihrer eigenen Erfahrung zurück und erzählt, wie sie entsprechende Hilfsangebote genutzt und empfunden hat.

Als Betroffene empfinde ich dieses Buch als Projektion für viele Frauen, die sich endlich verstanden fühlen und sicher hoffen, bei vielen (noch) Nichtbetroffenen eine Vorstellung entstehen zu lassen, was es heißt, unfreiwillig ein Kind verloren zu haben. Vor allem die Hoffnung, auf hörende Ohren bei sozialen, medizinischen und staatlichen Stellen zu stoßen, die entsprechend ihr bisheriges Ignorieren überdenken mögen. Der Autorin ist hier ein sehr sachliches Buch gelungen, dem es aber nicht an Emphatie und Dringlichkeit fehlt. Das Cover drückt mit wenigen Mitteln treffend aus, worum es geht. Ich werde dieses Buch ganz sicher noch vielen Frauen aus den unterschiedlichsten Gründen empfehlen. Vielen Dank für dieses ganz besondere Buch!