Über die Verrücktheit elterlicher Gehirne

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paragraphenreiterin Avatar

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Ich vergebe ja selten 5 Sterne. Aber dieses Buch ist mal wieder jeden einzelnen wert.

Die Autorin Chelsea Conaboy hat hier einerseits eine extrem detaillierte, fundierte und auf neuesten Erkenntnissen und Studien beruhende wissenschaftliche Abhandlung über die biochemischen, neurologischen und medizinischen Veränderungen in den Körpern von Eltern geschrieben.
Andererseits hat sie gleichzeitig (und das ist faszinierend) ihre persönliche Geschichte des Mutterwerdens erzählt und plaudert hier sehr einfühlsam und authentisch aus dem elterlichen Nähkästchen.
Diesen Spagat aus zwei verschiedenen Genres hat die Autorin für mich ganz wunderbar gemacht. Auch wenn manche Stellen aufgrund der wissenschaftlichen Tiefe etwas langatmig waren, wurde ich auf einer der nächsten Seiten wieder mit einer guten Portion Humor und Offenherzigkeit abgeholt, sodass ich doch gut dran bleiben konnte.

Besonders gefallen hat mir auch das Eingehen auf beide Elternteile (die ja meist nicht nur aus Frauen bestehen). Denn auch bei den nicht gebährenden Eltenteilen tut sich sehr viel im Gehirn und im Hormonhaushalt.
Wir werden doch alle irgendwie verrückt, wenn wir Kinder bekommen. Anfangs habe ich mich damit oft alleine gefühlt. Bücher wie dieses tragen dazu bei, dass ich mich wieder ganz normal und in bester Gesellschaft fühle :-)

Es war ungemein spannend zu entdecken welche Veränderungen in unseren Gehirnen passieren, wenn wir Kinder bekommen. Dass unser Gehirn eine zweite Pubertät durchleben muss. Mit allen Höhen und Tiefen und Verunsicherungen. All die Sorgen, Panik, Ängste und der Emotions-Wirr-Warr dienen dem alleinigen Zweck unseren Nachwuchs irgendwie durchzubringen. Wir, die Passagiere, sollten uns viel mehr Ruhe, Zeit und Nachsicht damit gönnen. Und solche Bücher am besten schon VOR dem Eltern-Werden lesen.

Leseempfehlung: Das ist nichts für den Strand oder im Zug auf dem Arbeitsweg lesen. Es ist eher was für den großen Ohrensessel und mehrere Stunden ungestörtes Drin-Versinken, denn man muss schon recht konzentriert sein. Einen Faible für die Wissenschaft sollte man auch haben. Dann ist es ein wahrer Genuss.