Überwältigende interdisziplinäre Studie

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tintenteufel Avatar

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Chelsea Conaboy beschäftigt sich in diesem Buch mit der Frage „was mit uns passiert, wenn wir Eltern werden“. Als zweifache Mutter und Wissenschaftsjournalistin hat sie den persönlichen Erfahrungshintergrund und die intellektuelle Kompetenz sich diesem Thema sowohl aus eigener Betroffenheit wie auch aus theoretischem Interesse zu nähern. Dies macht die besondere Qualität, aber auch die Problematik dieses Buches aus.

Auf 400 Seiten Fließtext, ergänzt um 60 Seiten Anmerkungen mit Quellennachweisen erläutert sie umfassend alle Aspekte des Elternwerdens aus Sicht der verschiedensten Disziplinen: von der Verhaltens- und Neurobiologie über die Erziehungswissenschaften und die Soziologie bis hin zu Geschichts- und Politikwissenschaften. In den neun Kapiteln nimmt sie jeweils eine persönliche Erfahrung als Ausgangspunkt für einen Problemkontext und erforscht die vorhandenen Studien und Literatur, um dieses Thema gründlich zu erforschen.

Dies ist im Prinzip ein gutes Mittel, um ihr persönliches Engagement und die wissenschaftliche Analyse zu verknüpfen, aber es mündet leider in einem relativ unübersichtlichen Wortschwall: Die Kapitel sind mit jeweils circa 50 Seiten ziemlich lang und nicht weiter untergliedert, und ihre kryptischen Überschriften verraten auch nur wenig über den zu erwartenden Inhalt. Die ausführlichen persönlichen Schilderungen bremsen den Lesefluss ebenso wie die detaillierte Benennung und Charakterisierung der beteiligten Wissenschaftler. Ja, Chesea Conaboy will zurecht darauf hinweisen, dass auch diese Wissenschaftler vor dem Hintergrund ihrer eigenen Biographie und Sozialisation forschen, aber es fällt schwer, bei der Lektüre den roten Faden zu erkennen und im Blick zu behalten.

Aussagekräftigere Überschriften und eine erkennbare Untergliederung oder knappe Resümees würden dem Leser helfen, wirklich etwas aus dem Buch ‚mitzunehmen‘. So aber bleibe ich etwas verwirrt zurück, mit dem Gefühl viel Neues kennengelernt, aber gleichzeitig den Überblick darüber verloren zu haben. Schade, ein engagierteres und mutiges Lektorat hätte den Lesegenuss und Erkenntnisgewinn deutlich steigern können.