Kurze Geschichten, rund um den amerikanischen Alltag der 1960er

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
vanessa_91 Avatar

Von

Meine Meinung und Inhalt

"Ellie zog ihn vom Boden hoch und dachte, dass er doch eigentlich viel zu klein war, um morgen all den Leuten entgegenzutreten." (ZITAT)


»Nachbarn« ist eines jener seltenen Werke in der Literatur, die ihre Zeit einfangen und ihr doch weit voraus sind. Diane Oliver erkundet darin die sich wandelnden sozialen Umstände: Beäugt von den Nachbarn, fragen sich Ellie und ihre Familie, ob es richtig ist, den kleinen Bruder morgen als einziges Kind auf die Schule der Weißen zu schicken. Ein Paar wird durch rassistische Übergriffe dazu getrieben, im Wald zu leben, und entwickelt eine mörderische Wut. Meg heiratet einen Schwarzen, doch die Liebe fordert über die Grenzen der Hautfarbe ihren Preis. Über allem könnte die Frage stehen: Gibt es einen Unterschied zwischen dem, was für die Gesellschaft am besten ist, und dem, was das Individuum braucht? Oliver geht es immer um beides, um das Politische und das Persönliche, und damit um allgemeingültige Fragen unserer Existenz und unseres Miteinanders.


"Einer sagte, die Bombe sei am Rand des Gartens gelandet, darum habe sie nur die vordere Veranda erreicht. Dem Gespräch entnahm sie außerdem, dass das Wohnzimmerfenster völlig zersplittert war. Plötzlich musste Ellie sich setzen. Das Sofa, auf dem sie schlief, stand genau unter diesem Fenster. Ein Gefühl überwältigte sie, das sie am ganzen Körper zittern ließ, als hätte sie die Kontrolle über ihre Muskeln verloren." (ZITAT)


Einprägsame Kurzgeschichten, großteils mit offenem Ende, sodass durchaus Spielraum für den Leser selbst blieb.
6 Jahrzehnte lang schlummerten die Texte der zu früh verstorbenen Autorin im Nachlass.

Die titelgebende und erste Story "Nachbarn" handelt vom kleinen Tommy, der als erstes schwarzes Kind in eine "weiße Schule" geschickt werden soll.

Oliver spiegelt gesellschaftliche Fortschritte, Ängste, Bedrohungen innerhalb von Familien wider.

Die Ohnmacht und Verzweiflung wird in den Texten spürbar.

Tolle Kurzgeschichtensammlung!


Diane Oliver wurde 1943 in Charlotte, North Carolina, geboren und besuchte nach dem Highschool-Abschluss das Women's College, die spätere University of North Carolina. Sie war Chefredakteurin der Unizeitung und veröffentlichte zu ihren Lebzeiten vier Kurzgeschichten, darunter die Story »Nachbarn«, die mit dem O. Henry Award ausgezeichnet wurde. An der University of Iowa nahm sie am Writers' Workshop teil und erhielt den Master-Abschluss postum, wenige Tage nachdem sie 1966 im Alter von 22 Jahren bei einem Motorradunfall ums Leben gekommen war.


https://www.instagram.com/flowers.books/p/C2RsgaztJp5/