Lesenswert und zeitlos

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Jahrzehnte nach ihrer Entstehung werden die Kurzgeschichten von Diane Oliver per Zufall wiederentdeckt.
Diane Oliver wurde 1943 geboren und starb nur wenige Tage vor ihrer Masterarbeit bei einem Motorradunfall mit nur 22 Jahren. Zu Lebzeiten veröffentlichte sie vier Kurzgeschichten, von denen eine mit dem renommierten O. Henry Award ausgezeichnet wurde; ein Erfolg für die junge schwarze Frau in Zeiten der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung.
Zwei weitere Erzählungen wurden posthum veröffentlicht, dann geriet das schmale Werk der Autorin in Vergessenheit.
Mit dem Buch "Nachbarn" liegen nun vierzehn Kurzgeschichten vor und beginnt mit der titelgebenden Kurzgeschichte "Nachbarn":
Ellie und ihre Familie fragen sich, ob es richtig ist, ihren kleinen Bruder als Einzigen auf eine weiße Schule zu schicken und ihn damit den Ressentiments auszusetzen. Es ist die Zeit der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung und Martin Luther Kings. Die Rassentrennung ist noch nicht überwunden.
In einer anderen Kurzgeschichte geht es um die ärztliche Versorgung. Eine junge Mutter muss mangels Betreuungsmöglichkeit ihre fünf Kinder zum Arzt mitnehmen. Das Wartezimmer ist überfüllt, die Arzthelferin unfreundlich und desinteressiert. Nur eine Mitwartende zeigt Verständnis, stellt aber gleichzeitig neugierige Fragen, die der jungen Mutter nicht angenehm sind.
Es gibt auch irritierende Geschichten wie die, in der eine schwarze Familie im Wald wohnt, weil sie den rassistischen Übergriffen entgehen will.
In "Gefrorene Stimmen" bedient sich Oliver der Satzwiederholung, was der Geschichte einen besonderen Rhythmus verleiht.
Diane Oliver erzählt emphatisch von Sorgen und Zweifeln ihrer Protagonisten.
Die vierzehn Kurzgeschichten sind Momentaufnahmen aus dem Leben, zeitlos und immer noch aktuell.