Nachbarn

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Diane Oliver ist eine mittlerweile fast vergessene aber zum Glück wiederentdeckte Schwarze Schriftstellerin. Sie ist 1943 in North Carolina geboren und wuchs in der Mittelschicht der Südstaaten auf. Nachdem sie als eine der wenigen Schwarzen an der University of Iowa eingeschrieben war und 4 Kurzgeschichten veröffentlicht hatte, starb sie mit nur 22 Jahren bei einem Verkehrsunfall.

Nun erscheint mit Nachbarn eine neue Sammlung mit teils unveröffentlichten Kurzgeschichten. Diane Oliver schreibt über das alltägliche Leben in den rassismus-geprägten Südstaaten der 60er-Jahre. Dabei steht stets eine Schwarze Frau im Mittelpunkt und bietet einen sehr persönlichen Blick auf den Rassismus und das familiäre Leben. Die Protagonisten schildern alltägliche Situationen, die geprägt sind von Rassismus, aber auch den Kampf für ihre Rechte in der Bürgerrechtsbewegung. Diane Oliver beschreibt eine Vielzahl an Erfahrungen und Erlebnissen und diese Vielfältigkeit der Geschichten macht die Sammlung "Nachbarn" so gut.

Immer wieder drehen sich die Geschichten auch um Schwarze, die trotz geänderter Gesetze dem Rassismus ausgesetzt sind oder die als Vorzeigebild der Weißen fungieren sollen, frei nach dem Motto "schaut her, auch wir haben jetzt einen Schwarzen/eine Schwarze hier". Da ist zum Beispiel der kleine Junge, der als erster und Einziger auf eine weiße Schule soll, doch furchtbare Angst davor hat. Oder eine junge Frau, die als erste Schwarze Studentin an ein fremdes College geht. Es sind auch Geschichten vom Scheitern, denn der Druck der oder die Erste zu sein, lastet schwer auf den Menschen.

Der Schreibstil ist unerwartet modern und zugänglich und man spürt das Einfühlungsvermögen der Autorin. Ihre Geschichten gehen unter die Haut und regen zum Nachdenken an, denn leider sind viele der Themen noch immer aktuell.

Nicht alle Geschichten haben mich gleich stark berührt, v.a. gegen Ende empfand ich einige Geschichten als etwas schwächer. Dennoch ist "Nachbarn" sehr lesenswert und Diane Oliver hat mich durchgängig mit ihrem Schreibstil und ihrem sehr persönlichen Erzählstil überzeugt. Hinzu kommt eine wirklich gelungene Übersetzung und Einordnung mancher Begriffe sowie ein tolles Nachwort von Tayari Jones.