Fußball als persönliches Esperanto

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mammutkeks Avatar

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„Nachspielzeiten“ ist eine Sammlung von Geschichten und Geschichtchen über mehr oder weniger bekannte Fußballer – und so finden sich auch auf dem Cover nur stilisierte Männerfiguren, in denen man allerdings nach Lektüre durchaus Vinnie Jones und Paul Gascoigne sowie Franz Beckenbauer und Pelé erkennen kann.
Lucas Vogelsang schreibt flüssig und kenntnisreich, er hat die vermeintlichen Helden offenbar auch getroffen und mit ihnen gesprochen – denn so voller Heldentum sind die Geschichten nicht immer. Viele der beschriebenen Fußballer weisen durchaus Brüche in ihrer Biografie auf, die sie vielleicht sogar menschlicher machen.
Starten möchte ich jedoch mit meiner Hauptkritik: Vogelsang beschreibt oftmals ein charakteristisches Bild, das er mit den skizzierten Personen verbindet. Diese können sich Interessierte natürlich per Suchmaschine auf den Rechner/Tablet oder Co. holen, aber es wäre ein absoluter Mehrwert gewesen, diese in einem Bildanhang im Buch zu haben.
Sprachlich hat mich Vogelsang häufig durch seine deutliche und doch blumige Art fasziniert: Zu Oliver Bierhoff schreibt er z.B.: „Ein Neuanfang in Nadelstreifen, mit Brief und Siegel. Er beherrschte die Sprache des Verbandes. Und hatte dieses Dreiwettertaftige, dieses Bügelfaltige eines FDP-Spitzenkandidaten. Bierhoff hätte auch Versicherungen verkaufen können. Oder Anleihen.“
Mich haben – natürlich – vor allem die Geschichten um die Fußballer abgeholt, die ich selbst live im Stadion gesehen habe: Ailton, Tim Wiese und natürlich König Otto. Und Ioannis Topalidis ist mir sehr sympathisch geworden.
Die Situation, über gemeinsame Sporthelden auch abseits des Sprachlichen mit anderen Menschen in Kontakt zu kommen, kenne ich auch aus dem Basketball – und erlebe sie immer wieder als sehr bereichernd. Einen Basketballvergleich gibt es auch in Stil und Form, erinnert Lukas Vogelsang mich doch sehr an Thomas Pletzinger, dem kongenialen Biographen von Dirk Nowitzki.
Es sind sicherlich nicht die „besten Geschichten“, die der Fußball schreibt, aber diese von Vogelsang zusammengetragenen Geschichten bieten auf jeden Fall einige Stunden Lesegenuss – vielleicht sogar für Nicht-Fußballfans.