Ernstes Thema gut verpackt

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Léa macht gerade eine Lebensphase durch, die sie an ihre Grenzen zu führen scheint. Eine Trennung hat sie so aus der Bahn geworfen, dass ihr die Führung ihres kleinen Cafés aktuell zu viel ist. Léa lässt auf Anraten ihrer Mutter Deutschland hinter sich, um wie früher den Sommer im Haus der Familie in Südfrankreich zu verbringen und dabei zur Ruhe zu kommen. Kurz nach ihrer Ankunft begegnet sie Alice, die wohl schon seit längerem das verlassene Grundstück als nächtlichen Zufluchtsort nutzt und nun durch Léas Anwesenheit überrascht wird. Die beiden Frauen unterhalten sich, sind sich sympatisch und Léa bietet Alice an, immer herkommen zu dürfen.
Kurz darauf erfährt Léa, dass Alice noch in der selben Nacht ums Leben gekommen ist.
Hätte sie den tragischen Tod verhindern können? Schließlich war sie die letzte, die Alice lebend gesehen hat.
Als plötzlich auch noch Émile, der große Bruder der Toten auftaucht und Fragen stellt, fühlt sich Léa verantwortlich und versucht gemeinsam mit ihm Antworten zu finden, wie es zu dem Unglück kommen konnte. Sie führen lange nächtliche Gespräche über die Familie, das Leben und warum es besser ist, manchmal einfach fortzugehen. Zusammen finden sie auch heraus, dass seine kleine Schwester ungewollt schwanger war.
Obwohl Léa zuletzt eine Beziehung zu einer Frau hatte und immer noch dabei ist, den Trennungsschmerz zu überwinden, fühlt sie sich mehr und mehr zu Émile hingezogen. Nebenbei taucht sie auch in die eigene Familiengeschichte und die Vergangenheit ihrer Mutter ein und lernt ganz andere Seiten kennen.

Das Buch erzählt von einem schrecklichen Ereignis, beleuchtet aber auch, welche Dynamiken in Familien vorherrschen, die dazu führen, dass sich Kinder ihren Eltern nicht anvertrauen. Ebenso wird thematisiert, wie schwierig es für manche Eltern ist, wenn die Kinder aus der für sie bestimmten Rolle ausbrechen, weil sie eben so anders sind, als die Eltern und nie das Leben der Eltern leben könnten. Émiles schmerzvoller Bruch mit den Eltern, die Entfremdung von seiner Schwester - all das steht in krassem Gegensatz zum malerischen Schauplatz und der Tatsache, dass der Sommer ja eigentlich eine Zeit der Leichtigkeit sein sollte. Das Thema weibliche Selbstbestimmung wird ebenfalls gut herausgearbeitet und auch die Verzweiflung, mit der ungewollt Schwangere zum Teil kämpfen.

Fazit: ein ganz ernstes Thema, das gut verpackt in einer insgesamt schön erzählten Geschichte daherkommt