Beeindruckend ehrlich

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Prostitution, Rassismus, Machtmissbrauch - allein diese drei großen Themen hätten ausgereicht, um unzählige Seiten zu füllen, doch die Autorin Leila Mottley webt in ihre "Nachtschwärmerin" noch viele weitere subtile Themen ein: Vernachlässigung, Armut, Tod, um nur ein paar zu nennen. "Nachtschwärmerin" ist - wie die Themen bereits vermuten lassen - kein fröhlicher Roman, kein unterhaltsamer Roman, aber dafür ein umso ehrlicherer Roman, der den Blick vor der Wahrheit nicht verschließt. Eine Wahrheit, die manchmal so brutal scheint, dass ich als Leser Pausen einlegen musste, die Geschichte erstmal sacken lassen musste.

Doch letzten Endes musste ich doch immer wieder zum Buch greifen, musste doch irgendwie wissen wie es weitergeht. Und das lag vor allem an der Protagonistin: Kiara ist ein zum Anfang der Geschichte hin noch minderjähres schwarzes Mädchen, die für ihr Alter schon eine Menge Verantwortung trägt, alles richtig machen will, vor allem aber: rauskommen will, raus aus dem Elend dieser Stadt und dem Schicksal, das Menschen mit ihrem sozialen Background zu verfolgen scheint. Als Leser verfolgt man ihren Kampf, fiebert mit, verzweifelt mit ihr, hofft mit ihr mit einer Mischung aus Bewunderung angesichts ihrer Stärke und Frustration angesichts ihrer Dummheit in dieser scheinbar ausweglosen Situation.

"Nachtschwärmerin" brauchte ein bisschen, um mich zu packen, aber dann wurde man mit jeder Seite tiefer in die Geschichte gezogen bis zu diesem Ende, das man zugleich fürchtet und herbeisehnt und das zum Glück genauso ehrlich ausfällt wie der Rest des Romans. Insgesamt ist Leila Mottley hier ein beeindruckendes, atmosphärisches Buch gelungen, das ich hiermit gerne weiterempfehle.