Berührend und bedrückend

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern
nolafeereiber Avatar

Von

Kiara Johnsons Geschichte zeigt das Schicksal eines Mädchens, das versucht in einer unfreundlichen Welt zu überleben.

Dieses Buch ist sowohl eine beklemmende Geschichte über gesellschaftliche Missstände, Vernachlässigung, Armut und Tod, aber auch eine bewegende Geschichte über Stärke, Liebe und Verletzlichkeit. Kiara ist am Anfang der Handlung 17 Jahre alt und muss bereits zu viel Verantwortung tragen. Ihr Charakter zeigt viele verschiedene Seiten, was sie sehr authentisch und ehrlich wirken lässt. Manchmal ist sie naiv, dann wieder schlau und einfallsreich, liebevoll und selbstbewusst oder in sich selbst zurückgezogen und wortkarg. Kiara erzählt in Ich-Perspektive und Präsens, allerdings wird man kaum in ihre Gedanken und Gefühle eingeweiht, da sie sehr nüchtern, verkürzt und oft in Rückblenden berichtet. Trotzdem gelingt es Leila Mottley durch den eindringlichen und bildhaften, manachmal poetischen Schreibstil, die Leser:innen zu fesseln und zu berühren. Man hat Mitleid mit Kiara, bewundert sie, freut sich und leidet mit ihr.
Die Handlung baut keinen großen Spannungsbogen auf, doch langweilig wird es nicht. Man verfolgt Kiaras Weg immer tiefer in die Probleme mit einer konstanten Faszination und der Frage, was ihr noch geschehen wird und ob sie am Ende einen Weg aus ihrer verzweifelten Lage findet. Der im Klappentext schon angesprochene Gerichtsprozess nimmt leider sehr wenig Raum am Ende des Buches ein, hier hätte ich mir teilweise längere Ausführungen gewünscht.
Die Anmerkungen der Autorin am Schluss des Buches haben mir sehr gut gefallen, da sie die Geschichte in einen realen Kontext einbetten und den Leser:innen bewusst machen, dass Schicksale wie Kiaras keineswegs fiktiv sind, sondern es zu vielen Mädchen und Frauen genauso geht. Ein ehrliches und nicht beschönigendes Buch, das zum Nachdenken anregt. Nicht fröhlich und unterhaltsam, aber spannend und berührend!