"Die Straße"

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tausendmund Avatar

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„So viele Möglichkeiten, eine Straße entlangzulaufen, aber ich bin noch immer nichts weiter als ein Mädchen mit Haut.“ (S. 145)

„Die Straße“: Für die 17jährige Kiara ist Prostitution der einzige Weg, um nicht aus dem heruntergekommenen Wohnblock in East Oakland geworfen zu werden, denn ohne Schulabschluss findet sie keinen Job. Ihr Vater ist tot, die Mutter im Gefängnis, der große Bruder Marcus träumt einer aussichtslosen Karriere als Musiker hinterher. Und dann ist da noch Nachbarsjunge Trevor, dem Kiara eine Ersatz-Mutter ist. Um die eigene Existenz und das Überleben ihrer Liebsten zu sichern, lässt sie sich schließlich auf eine Gruppe von Polizisten ein und landet im Strudel aus Korruption, sexualisiertem Machtmissbrauch und körperlicher wie psychischer Gewalt.

„Die Straße“: Mir stockte mehrfach der Atem ob der Nüchternheit, gar schon Abgeklärtheit in der Rede deiner Protagonistinnen über die Straße als Ort von Prostitution. Doch für die (nicht nur) jungen Schwarzen Frauen East Oaklands ist das System samt seinen abartigen Auswüchsen Teil der alltäglichen Lebenswelt. Wer kann schon an eine Zukunft denken, wenn das Jetzt gesichert werden muss? Du bist deshalb so intensiv, weil du uns in das Jetzt von Kiara katapultierst und ihre Realität ungeschönt zeichnest. Mit dir legt Leila Mottley ein brutales, aber großartiges Debut „für Oakland und seine Mädchen“ vor, das soziale Ungleichheiten an der Wurzel packt und sie in all ihrer Hässlichkeit zur Schau stellt.