Eine berührende Stimme gegen soziale Benachteiligung!

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gaudbretonne Avatar

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In ihrem ergreifenden Debütroman „Nachtschwärmerin“ entführt die junge Autorin Leila Mottley den Leser in einen sozialen Brennpunkt und zeigt ihm die tiefsten Abgründe der amerikanischen Gesellschaft auf. Während der gesamten Zeit dieser spannenden Lektüre steht die Frage im Raum, ob sich die schwarze Protagonistin aus dem sozialen Teufelskreis der Armut befreien kann, in den sie chancenlos hineingeboren wurde.

In East Oakland in Kalifornien sitzt Kiaras Mutter im Gefängnis, der Vater ist bereits verstorben. Mit ihrem älteren Bruder Marcus muss sich die 17jährige schon seit geraumer Zeit alleine durchschlagen. Dieser verliert sich aber immer mehr in dem Wunsch, als Rapper berühmt zu werden, und rutscht dabei in die Drogenkriminalität ab. Kiara fühlt sich aber nicht nur für ihn verantwortlich, sondern kümmert sich auch noch aufopferungsvoll um den vernachlässigten Nachbarsjungen Trevor. So liegt die ganze Verantwortung auf ihren Schultern, obwohl sie selbst noch ein Kind ist. Sie muss dringend Geld für die Miete des heruntergekommenen Apartments auftreiben. Als sie keinen anderen Ausweg mehr sieht, beginnt sie, ihren Körper auf dem Straßenstrich zu verkaufen, um zu überleben. Dabei gerät sie an kriminelle Polizisten und muss in einem Prozess aussagen, der sich zu einem Skandal entwickelt, der aber auch ihre Chance sein könnte.

Die Entscheidungen, die die Protagonistin, aus deren Sicht der Roman geschrieben wurde, zu treffen hat, sind extrem hart, zumal es scheinbar keine anderen Lösungen gibt. So entwickelt sich der Text zu einer packenden Tragödie der sozialen Ungerechtigkeit, gegen die sich die Figuren trotzdem immer wieder auflehnen, da sie die Hoffnung auf ein besseres Leben nie ganz ablegen. Rassismus, Armut und soziale Benachteiligung sind leider auch heute noch brennende gesellschaftliche Themen. Der Autorin ist es hervorragend gelungen, den Teufelskreis in den man unverschuldet hineingeboren wird, berührend dazustellen, auch weil der Leser die Protagonistin schnell gut kennen und lieben lernt.

Der authentische Erzählstil vermag es darüber hinaus hervorragend, Empathie zu wecken. Am liebsten würde man Kiara adoptieren, um sie aus ihrer misslichen Lage zu befreien. Letztere wird sehr drastisch dargestellt und geht unter die Haut. Das macht sich dann auch auf sprachlicher Ebene – an einer derben und umgangssprachlichen Wortwahl- bemerkbar. Also kein Buch für schwache Nerven! Dafür aber als Gesellschaftskritik unglaublich wichtig, wie auch das folgende Zitat belegt: „Das war bevor ich lernte, dass das Leben einem keinen Grund für irgendetwas gibt, dass Väter manchmal verschwinden und kleine Mädchen ihren nächsten Geburtstag nicht mehr erleben und Mütter vergessen, Mütter zu sein.“ (S.125).

Fazit: Absolut lesenswert! Bitte mehr davon!