Etwas Potential verschenkt...

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Leerer Stern Leerer Stern
blaxys_little_book_corner Avatar

Von

"Nachtschwärmerin" erschien mir so viel versprechend: Ein trauriger, wenig Hoffnung zurücklassender Klappentext, eine schonungslose Leseprobe, ein schlichtes Cover, dass dennoch passt und viel Raum zum interpretieren lässt..
"..doch ging der Ball nicht mit Schwung ins Netz", schreibe ich als Metapher aus und denke an all die Basketballsituationen, die den wenigen Trost spenden, in diesem Roman..

Leila Mottleys Debüt ist etwas eigenes, fand bei mir persönlich aber nicht so viel Anklang.
Der Schreibstil ist mir persönlich zu roh, zu sprunghaft. Zwar entstehen Bilder vorm geistigen Auge, doch springt die Szenrie zu schnell um ein Daumenkino entstehen zu lassen. So vergehen in der Story teilweise mehrere Wochen oder gar Monate, was man nur durch einzelne Sätze erfährt. Von der Handlung her könnte die jeweilige Szene aber noch am gleichen Abend passieren.
Mottley erzählt die Geschichte ausschließlich über die Protagonistin Kiara - und lässt diese mal rüde schimpfen, dann wieder ausufernd und poetisch beschreiben was gerade passiert.
Es ist ein ganz eigener Schreibstil, und ich kann verstehen dass man auf diesen aufmerksam wurde, doch war es nicht mein Fall. Zumindest nicht über die Dauer von rund 400 Seiten.

Die Hauptstory bietet nichts revolutionäres was die Sparte "Neu" betrifft, ist dafür aber aus dem Leben gegriffen:
Junge, farbige Frau - also Kiara - lebt in Armut und versucht über die Runden zu kommen. Ihre eigene Familie war eine einzige Enttäuschung und mehr dabei sie mit in den Abgrund zu ziehen, als für sie zu sorgen.
Einzige Lichtblicke sind der kleine Nachbarsjunge Trevor, denn Kiara seit seiner Geburt kennt und ihre Freundin Alé.
Um nicht auf der Straße zu landen, beginnt Kiara ihren Körper zu verkaufen. Ohne zu ahnen, dass sie viel mehr von sich verlieren wird..

Wie gesagt, da wird das Rad nicht neu erfunden, aber toll erzählt hat diese Geschichte durchaus Potential. Die ersten Kapitel nahmen dieses auch auf, doch dann.. neben der Erzählweise wurde es mir irgendwann auch zu trostlos. Also wirklich trostlos. Und das, ohne dass es berührend wurde. Einfach nur trostlos und belastend.
Ich hatte keinen Draht zu Kiara, habe sie zwar durch viele schlimme Momente begleitet, kam aber nicht an sie heran.

Wie kann ich es mir dann erklären, dass ich nach ca 180 Seiten nicht mehr aufhören konnte zu lesen oder über die "Nachtschwärmerin" nachzudenken? Ich wollte wissen, was passiert. Ich war neugierig. Und hätte mir gleichzeitig sogar noch ein wenig mehr gewünscht und war erleichtert, dass ich durch war.
Paradox. Nicht erklärbar. Wie diese Tragödie ansich.

Kennt und mochtet ihr den Film "Kids"? Dann könnte dieses Buch etwas für euch sein.