Schmerzhafte Welt

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(TW: sexualisierte Gewalt)
Kiara ist siebzehn und lebt mit ihrem älteren Bruder Marcus in einem heruntergekommenen Apartment. Ihr Vater ist tot, die Mutter im Gefängnis. Als Schulabbrecherin findet sie keinen Job und Marcus widmet sich lieber seiner nicht existenten Musikkarriere als zum Lebensunterhalt beizutragen. Eines Nachts wird Keira vergewaltigt, wofür sie anschließend Geld bekommt. Das zeigt ihr einen verheerenden Ausweg: ihren Körper zu verkaufen - natürlich nur solange, wie es sein muss. Doch es kommt anders. Die Cops mischen mit und für den Nachbarsjungen Trevor fühlt sie sich auch noch verantwortlich. Sie wird in einen Abgrund gezogen, den sie so niemals erwartet hatte und den keine Frau so erleben sollte.
Leila Mottleys „Nachtschwärmerin“ ist schmerzhaft. Es tut weh, Kiara dabei zuzusehen wie sie in etwas hineingerät, obwohl sie einfach nur leben will, irgendwie über die Runden kommen will. Ihre Naivität und Selbstaufopferung gerade Marcus gegenüber hat mich wütend gemacht und was die Cops abgezogen haben, erst recht. Ich hätte sie gern an den Schultern gepackt und geschüttelt und Marcus am liebsten eine reingehauen, weil er zulässt, was Kiara sich da sehenden Auges antut.
Leila Mottley stellt dabei auch noch unter Beweis, wie gut sie schreiben kann. Poetisch, aber nicht beschönigend, krass und einfach gut.
Der Roman entführt in eine Welt, die ich als privilegierte, weiße, deutsche Frau so nicht erleben muss. In einen Staat, der auf seine Menschen scheißt; die zusehen können, wie sie über die Runden komme und wo ein Mädchen - eigentlich noch ein Kind - nicht anders überleben kann, als den Körper zu verkaufen, das einzige, was es wirklich besitzt.
Solche Bücher sind wichtig, denn auch wenn es Fiktion ist, existieren solche Lebensverhältnisse. Polizeigewalt existiert, sexualisierte Gewalt existiert. Und wir müssen darüber reden, lesen, es sehen, um es nicht wieder verdrängen zu können, damit sich irgendwann etwas ändert.