Eintauchen in die DDR und die Geschichte der Familie Sitte

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Von

„Man muss dort in der Vergangenheit nur den kleinsten Stein versetzen, und schon verändert sich das, was man persönlich zu gut zu kennen meinte, auch in dieser ständigen Gegenwart.“ (S. 19)

Kurze Inhaltszusammenfassung
Der junge Autor Aron Boks begibt sich auf den Weg in die Vergangenheit und verfolgt die Geschichte seiner Familie, insbesondere die seines Urgroßonkels Willi Sitte, einem bekannten und kontrovers gesehen Künstler der ehemaligen DDR. Als Leser erfährt man mehr über die Familie des Autors und insbesondere das Leben von Willi Sitte – und bekommt auch einen Eindruck davon, wie das Leben in der DDR ausgesehen haben kann.

Fazit
Bereits auf den ersten Blick bekam das Buch einen Pluspunkt von mir – es hat nämlich ein integriertes Lesebändchen. Zwar nur eine Kleinigkeit, aber dennoch ein guter erster Eindruck. Auch das Cover stach mir sofort ins Auge und gefiel mir durch die auffälligen Farben, welche perfekt zu dem Bild des Künstlers Willi Sitte im Hintergrund und dem künstlerischen Gesamtkontext passen. Von der ersten Seite an überzeugt der charmante, humorvolle, sympathische, stilistisch hochwertige und sehr ehrliche Schreibstil des Autors. Als hilfreich empfunden habe ich die Erklärungen und kurzen ergänzenden Informationen in den Fußnoten zu historischen Ereignissen, Personen, Institutionen, etc. Auch das umfangreiche Quellenverzeichnis bietet einem als Leser einen guten Anhaltspunkt für die eigene weitere Vertiefung.
Für mich war die Geschichte auf mehreren Ebenen sehr interessant: zum Einen habe ich mehr über Willi Sitte erfahren, sein Leben als Privatmann und als Künstler, seine Werke, seine Einstellung zur und sein Wirken in der DDR – auch wenn mir, wie Aron Boks selbst, am Ende noch einige Fragen offen waren bzw. sich immer neue ergeben haben. Zum Anderen aber fand ich es auch sehr bereichernd, den Prozess der Recherche und der Entstehung des Buches mitzuerleben: wie der Autor die Geschichte seiner Familie ergründet, Kontakt mit vielen verschiedenen Familienmitgliedern aufnimmt, unzählige Gespräche mit Zeitzeugen aus Willi Sittes Leben spricht, auf welche unterschiedlichen Reaktionen er stößt, welche Schwierigkeiten und immer wieder neue Fragen sich ergeben – und wie er schließlich die Konfrontation seiner selbst mit der eigenen familiären Vergangenheit sucht. Am Ende bleibt das Bewusstsein, dass jeder die Geschichte seiner Familie ganz individuell erzählt.

Empfehlung
Nackt in die DDR eignet sich durchaus auch für Leute, die sich – wie ich – nicht besonders mit Kunst auskennen, da man sich über die Person und die Lebensgeschichte von Willi Sitte der DDR und ihren Ausprägungen annähert. Für mich persönlich war auch der Prozess der Recherche, auf dem man den Autor begleitet, sehr spannend – besonders die Erkenntnis, wie sich die Vergangenheit der eigenen Familie auf die Gegenwart und das eigene Leben auswirken kann.