Interessante Familienaufarbeitung

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frabo96 Avatar

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Der Untertitel des Buches sagt eigentlich schon so ziemlich alles, was man über "Nackt in die DDR" inhaltlich wissen muss. Der Autor, Urgroßneffe des bekannten DDR-Malers Willi Sitte macht sich auf Spurensuche in der Familiengeschichte, nachdem seine Großmutter ein privates Gemälde des Künstlers herauskramt. So bekommen wir nicht nur eine Biografie des zur DDR oft zwiegespalten eingestellten Sitte, sondern lernen auch andere interessante Persönlichkeiten der Familie sowie Zeitgenossen und ihre Werdegänge kennen.

Normalerweise lese ich eigentlich nur Biografien von Menschen, die ich kenne, und da ich mich eigentlich auch nicht sonderlich für Kunst interessiere, lag das Buch nicht wirklich in meinem Beuteschema. Doch der bereits erwähnte Untertitel catchte mich und nach einer kurzen Leseprobe war ich von der Thematik begeistert.

Ich habe ungefähr dasselbe Alter wie der Autor und auch ich bin Ostdeutschland aufgewachsen, so ziemlich meine ganze Familie waren irgendwann mal DDR-Bürger. Tatsächlich stelle auch ich mir in letzter Zeit häufiger die Frage, ob und wenn ja wie sich die ganze Geschichte auf mein Leben ausgewirkt hat, und Aron Broks erforscht dieses Thema auf ganz spannende Weise. Willi Sitte und seine Einstellung zur DDR war für mich tatsächlich ein überraschend interessantes Thema, und tatsächlich konnte ich hier auch Parallelen zu den Menschen in meinem Umfeld finden. Nebenbei lernt man natürlich auch sehr viel über Kunst und künstlerisches Schaffen in der DDR, ein Thema was sicherlich auch nicht genug Aufmerksamkeit bekommt. Seit vergangenem Jahr bin ich ständig auf der Suche nach ostdeutschen Autor*innen, die mir einen differenzierten Blick auf unsere Menschen und unsere Geschichte geben können und Aron Broks hat sich definitiv in die Liste meiner Neuentdeckungen eingereiht.

Einziges Manko: Ich hätte es sehr schön gefunden, wenn es von den besprochenen Bildern irgendwie kleine Abbildungen gegeben hätte. Da ich aber verstehe, dass das vom Druck her sicher schwer geworden wäre, gibt es da keinen Abzug. Trotzdem empfehle ich beim Lesen ab und zu mal Willi Sitte und seine Zeitgenossen zu googeln, um ein bisschen ein besseres Verständnis für die Kunst zu bekommen.

Ich bin mir sicher, dass das Buch nichts für jeden ist und definitiv eine recht enge Zielgruppe hat. Für mich kam das Buch jedoch genau zur rechten Zeit und konnte mir tolle Denkanstöße geben.