Lebendiger Geschichtsunterricht!

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floriga77 Avatar

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Aron Boks hat mit seinem Werk "Nackt in die DDR" ein sehr persönliches Sachbuch geschrieben. Denn er schreibt über seinen Urgroßonkel Willi Sitte, den bekannten Maler der DDR. Er nimmt seine Leserschaft auf seine Spurensuche mit, denn er selbst will seinen bis dato fernen Verwandten kennenlernen und entdecken. Er zeichnet dabei Sitte als einen ambivalenten Charakter, ist dabei schonungslos ehrlich und offen, möchte diesen umstrittenen Künstler und Menschen persönlich näherkommen. Warum hat sich Willi Sitte, überzeugter Kommunist, so sehr dem Staat verschrieben, obwohl er auch selbst als Künstler unter ihm litt?
Boks schreibt filigran und kunstvoll. Er gibt Einblicke in seine Gedanken, Zweifel und Erkenntnisse. Dadurch wird diese Sitte-Biographie zu einem spannenden Dokument der DDR-Geschichte mit sehr persönlichen Eindrücken in die Familiengeschichte.
Allerdings verliert sich Bok manchmal zu sehr im Niederschreiben der Recherche. Etwas weniger Einblicke hätten das Werk vielleicht noch flüssiger gemacht. Schade ist auch, dass zwar viel über Sittes Kunst gesprochen wird, entsprechende Abbildungen im Buch aber fehlen (oder eine Internetseite zum Buch). In heutigen Zeiten lassen sich Sittes Werke zwar schnell im Internet suchen, doch das hätte die besondere Sitte-Biographie sicherlich noch abgerundet und bereichert. Ein Buch über einen Maler ohne Bilder (Ausnahme Cover) wirkt nicht vollkommen.
Dennoch erfährt man interessanten Einblicke in die Geschichte der DDR und die Menschen, die in diesem System lebten. Boks versucht zwar, Handlungen und Verhaltensweisen zu verstehen, bleibt aber stets kritisch.