Willi Sitte oder Eine Annäherung an die Geschichte der DDR

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adelheid von buch Avatar

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Die Frage "Wer war Willi Sitte und was trieb ihn an?" ist der Ausgangspunkt für dieses Buch von Aron Boks, dem heute 25jährigen Urgroßneffen von Willi Sitte. In akribischer Detektivarbeit hat er sich anderthalb Jahre lang mit dem Künstler und Menschen Willi Sitte beschäftigt. Wie es in einer Biografie sinnvoll ist, beginnt Aron bei der Kindheit und bewegt sich durch alle Lebensstationen des Malers und seiner Familie. Indem er Willi Sittes Entwicklung vom Kommunisten und begnadeten unangepassten Künstler, der von der Stasi bespitzelt wird, zu einem der mächtigsten DDR-Kulturfunktionäre, der Karrieren befördert oder verhindert, folgt, taucht er immer tiefer in die gesellschaftlichen Verhältnisse und Entwicklungen der DDR ein. "Plötzlich war ich wie in einer anderen Welt." sagt er in der Magdeburger Volksstimme. Aron befragt viele Zeitgenossen und Wegbegleiter und beleuchtet Ereignisse, die die Familie Sitte und insbesondere Willi Sitte auf ihrem Lebensweg prägten. So entsteht zeitgleich ein ziemlich differenziertes Bild der DDR und es wird deutlich, dass es sich um eine Familie mit vielen verschiedenen Persönlichkeiten in einer Gesellschaft mit vielen Facetten handelte. Auch wird klar, warum dieses Land keinen Bestand haben konnte. "Mir wurde nach der "Wende" klar, wie wenig unser ganzes System mit Sozialismus zu tun hatte..." sagt Willi Sitte einige Jahre später.
Aron beschreibt unvereingenommen die Entwicklung der Ausnahmepersönlichkeit Willi Sitte und der für ihn prägenden Umstände in der DDR. Er tut dies auf sehr sympathische Weise und mit klug ausgefeilter Sprache. Viele Fußnoten erklären bestimmte Ereignisse näher. Es ist ein sehr wichtiges Buch, das den Blick auf die DDR, die bisher in den Geschichtsbüchern meist als "Diktatur" abgetan wird, erweitert und ergänzt.
Von mir gibt es eine klare Leseempfehlung.