Erfrischend, außergewöhnlich und richtig gut

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schmökerwürmchen Avatar

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Schon seit geraumer Zeit verfolge ich interessiert das Programm des Ullstein fünf Verlages und auch bei „Nackt über Berlin“ verbirgt sich eine ganz wunderbar erzählte, außergewöhnliche Geschichte zwischen den Buchdeckeln.

Der jugendliche Protagonist Jannik ist völlig anders als seine Altersgenossen. Übergewichtig und als Liebhaber klassischer Musik hat er keinen leichten Stand. Nur sein vietnamesischer Mitschüler Tai freundet sich mit ihm an. Von ihren Schulkameraden werden sie nur „Fetti“ und „Fidschi“ genannt. Jannik entwickelt zarte Gefühle für seinen Freund Tai, doch kann er diese auch erwiedern? Eines nachts greifen sie gemeinsam den sturzbetrunkenen Direktor ihrer Schule, Jens Lamprecht auf. Tai‘s Cam ist immer dabei. Doch was als kleine Lektion gedacht war, ein übler Jungenstreich, eskaliert auf einmal unkontrolliert... Jannik überkommen immer wieder leise Zweifel, doch wie weit wird er zum Spielball seiner Gefühle?

Was für eine unglaubliche, außergewöhnliche Geschichte, mich konnte einfach alles an diesem Buch begeistern.
Erzählt wird in längeren Kapiteln, abwechselnd aus der Perspektive von Jannik und dem Direktor Jens Lamprecht. Immerzu wollte ich wissen, wie es mit den jeweiligen Personen weitergeht und in welche Richtung sich das Geschehen entwickelt.
Die Sprache ist absolut orgienell, amüsant und passt hervorragend zu den manchmal doch etwas skurrilen Szenen. An einigen Stellen fallen die Ausdrücke etwas derber aus, aber auch das hat der Autor wohldosiert, so dass es zur jeweiligen Situation und den Charakteren passt, jedoch niemals plump daherkommt.
Alle Charaktere sind großartig dargestellt, mit allen ihren positiven und negativen Facetten. Auch der Wandel, den die Figuren aufgrund der Ereignisse durchmachen, wirkt absolut glaubhaft. Dieses Buch hat soviel mehr zu bieten, als eine gewöhnliche Comming-out-Geschichte. Es geht auch um Familie, Zusammenhalt und vor allem um die Frage, wie weit man für echte Freundschaft gehen darf.
Das alles erzählt Axel Ranisch in einem liebevollen Ton und in einer außergewöhnlich originellen Sprache, die mich genauso begeistern konnte wie diese ganz besondere Geschichte.
Für mich ein absoluter Lesegenuss.