Witamy!

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lindarabbit Avatar

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"Nebenan ist doch weit weg", Antje Bones, Oktober 2023, dtv Verlag, ab 11 Jahren, 304 Seiten, Illustrationen von Michael Szyszka.

Auffälliger grüner Umschlag, auf dem der Weg von Berlin nach Krakow eingezeichnet ist...

Edith, 12, und ihr Bruder, 5, müssen mit ihren Eltern von Berlin nach Krakow umziehen. Keine andere Chance! Die Eltern haben dort ein Haus gekauft. Unglaublich, nach Polen. Keiner in der Schule versteht das. Von Berlin nach Krakau...Und Edith eigentlich auch nicht. Sie verzweifelt fast, denn sie kennt niemanden in Krakow (wie die Stadt auf polnisch heißt; Krakau, in der Nazizeit deutsch besetzt). Auch Polen kennt sie nicht und schon gar nicht die Sprache.

In Berlin spöttelt man deswegen rum. Selbst polnische Freunde in Berlin verstehen nicht, dass sie nach Polen ziehen. Doch am schlimmsten ist natürlich für Edith, dass sie nun weit weg von ihren besten Freundinnen Anne und Jack sein wird. Das Packen wird beschrieben, die Reise nach Krakow, das Ankommen, das Haus, die Schule, das Erkunden des Umfelds (und ja, es gibt auch eine Beschimpfung durch eine ältere Frau). Mit seltsamen Gefühlen im Bauch, aber auch zunehmenden Mut, findet sich Edith langsam in dem neuen Leben zurecht. Sie findet Freundinnen (Milena, vielleicht auch Pola) und Freunde in Krakow und erlebt Abenteuer. Sie beginnt das Essen zu mögen (hach, diese Sesamkringel) und stürzt sich richtig in das Lernen der Sprache. Und dann gibt es noch dieses eine außerordentliche Erlebnis...

Das Buch wurde mit viel Feingefühl geschrieben. Als lesender Mensch kann man sich sehr gut in Ediths Lage hineinversetzen. Aus den Tagebucheinträgen und weil das Buch in der ersten Person Singular (also Edith' Perspektive) geschrieben wurde, erfuhr ich hautnah die Gefühle des Teenagers. Nachvollziehbar wie schwierig es für sie war, allein nur in die Schule zu gehen... wie wird sie da aufgenommen, neben wem wird sie sitzen, kann ich mit denen überhaupt reden... Eigentlich eine Sache für sich der Elten, dass sie diesen Schritt unternahmen. Für die Kinder eine enorme Umstellung. Wäre die Familie keine intakte und kindergerechte, würde das wohl zu massiven Problemen führen. Ich denke, andere Teenager wären ausgeflippt und hätten sonst was angestellt...

Das Buch liest sich angenehm und flüssig. Mit Illustrationen bebildert, die Edith Tagesablauf und Erlebnisse darstellen. Die Illustrationen sind einfach, aber doch treffend - keine Kunstwerke und doch unterhaltsam.

Edith lernt polnisch und somit lernt auch der lesende Mensch die Sprache und Kultur etwas kennen. Immer wieder werden polnische Wörter mit ihrer deutschen Übersetzung in den Text eingebracht. Edith notiert einzelne Wörter in ihren Tagebuch (und siehe da, schon habe ich ein paar polnische Wörter gelernt). Tak!

Ein sehr sachliches, gefühlvolles und, ja, einfühlsames Buch über das Einleben in einem anderen Land. Da dies in Deutschland nun ständig passiert für junge Menschen aus anderen Kulturen sollte dieses Buch Material für die Schulen werden (Grundschulen auf jeden Fall).

Für mich war (ist) das Buch sehr wichtig, weil ich polnische Vorfahren habe und mich erst jetzt - später im Leben -, mit dieser Kultur auseinandersetze...