Meeressehnsucht

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heike lohr Avatar

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Bentje und Ima, Jaspers, Dörte und Finna sind für mich typische Namen dieser Meeresregion in Deutschland geworden.
Sie wuchsen mir im Laufe ihrer authentischen Erlebnisse ans Herz. Sie haben mich mit ihrer Ehrlichkeit und Achtsamkeit überzeugt.
Bentje will - nahe an einem Burnout - nur ihren Urlaub am Meer bei ihrer Familie genießen und stricken. Natürlich auch Teetrinken und Apfelkuchen essen.
Die Zweisamkeit mit ihrer Wohnungskollegin in der Großstadt genießt sie, ihren Marketingjob auch, ihren Chef weniger.
Auf der Heimreise steckt die Protagonistin im Stau. Ihre Lösung des Wartens gefällt mir: Sie beginnt zu stricken.
Das familiäre Stressmanagement ist gut: Als mitten im Gespräch mit ihrer Mutter Bentjes Chef anruft, ihr von Beförderung und einem zeitaufwändigen Projekt erzählt und dass sie schnell zusagen muss, rät die Mutter ihr zu einem Meeresspaziergang. Das Schnaken, österreichisch Tratschen, verschiebt sie auf später. Erst einmal soll die Tochter mit den widerstreitenden Gefühlen ins Reine kommen. Behutsam lässt die Autorin diese Szenen und Ereignisse wachsen und entstehen. Vorgeschichten werden portionsweise enthüllt und bekommen verschiedene Perspektiven, um sie zu verstehen.
Zufällige Zusammentreffen werden schicksalsweisend, Wertungen und Ziele in Frage gestellt, um fast wie ein Aussteiger Happy End zu wirken.
Finna überlässt Bentje ihre Pension, die sie in deren Sinn und mit deren Rezepten weiterführen wird. So kann Finna zu ihrem Sohn und den Enkelkindern nach Australien. Bentje entscheidet sich gegen den Widerstand ihrer Familie in der Heimat zu bleiben und ihren Job in der Großstadt aufzugeben. Alles in allem wirkt die Geschichte entschleunigend. Es gibt da Slow Food und Handschlagqualität. Familiengeheimnisse werden gelüftet und Beziehungen verbessert. Ein friedliches und unterhaltsames Buch, das wie vom Leben geschrieben wirkt. Ich kann die Lektüre nur empfehlen. Manches ist auch für den Alltag nachahmenswert. Keine Angst, viel Zwischenmenschliches und die Liebe habe ich in meiner kurzen begeisterten Einschätzung des Buches bewusst ausgespart, damit es noch Überraschungen beim Lesen gibt.