Das Leiden einer jungen Schreiberin

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darkola77 Avatar

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Jung, frech und ungeschönt ungeschminkt – Nora Haddada gibt uns mit „Nichts in den Pflanzen“ einen Ein- und Tiefblick in die Kunstszene Deutschlands und das Hamsterrad der Kulturschaffenden und derer, die in der Startposition stehen. Das Ergebnis und der Weg dahin sind ebenso amüsant, unterhaltsam wie tief ernüchternd und ein Abgesang auf den Glauben, dass Kreativität und Genialität Nährboden und Goldgrube zugleich sind.
Ihrer Protagonistin haben Leben, Neid und Missgunst und vor allem Leistungsdruck von innen und außen da auch gleich doppelt und dreifach mitgespielt. Was daraus folgt ist nicht nur folgerichtig, sondern auch der Alptraum ein*er jedes*n Schaffenden:
Eine Schreibblockade hat Leila fest im Griff! Und der Abgabetermin ihres Drehbuchs rückt näher und näher – und ihr Freund Leon wird erfolgreicher und erfolgreicher. Eine sehr schlechte Kombination, die Leila fast zum Wahnsinn treibt und sie zu äußersten Mitteln greifen lässt, um ihr Schreiben und ihren Flow gleich dazu wiederzufinden. Doch die Nebenwirkungen all dieser Bemühungen und Einfälle, die selbst nur so vor Kreativität strotzen, sind zahlreich – ebenso wie die Negronis und Espresso Martini, die in langen Partynächten durch Leilas Kehle rinnen.
Und wie die Ratte im Labyrinth oder die unbekannte Fliegenart, die sich in Leilas Computer, Wohnung und Gedanken einnistet, sucht auch Leilas verzweifelt nach einem Ausweg aus ihrer Lage und dem fehlenden Ende ihres Kammerspiels, das sich nach einem kurzen Aufleuchten ihr einfach nicht mehr zeigen mag.
Und hier gelingt Haddada ein großer Coup, ebenso verborgen beim ersten Lesen, der sich in seiner Selbstreferenz jedoch nach und nach in den Gedanken der Leser*innen entblättert, wie das Herz einer Artischocke, nur zu erahnen unter ihrer Vielzahl an Blättern. Was bleibt sind ein Feuerwerk an Dialogen und Einfällen, ein tiefer Einblick in die Seele eines Kunstbetriebs, der einem Überlebenskampf zu gleichen scheint, und eine Geschichte, so wunderbar und verstörend zugleich. Und eine klare Leseempfehlung von meiner Seite.