Die Ambivalenz einer jungen Autorin

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Autorin Nora Haddada legt mit „Nichts in den Pflanzen“ einen lesenswerten und auch außergewöhnlichen Roman vor. Die junge Protagonistin Leila ist Drehbuchautorin. Sie lebt in einer Blase mit Menschen, die alle dem Kreativen zugetan sind. Durch Zufälle bekommt sie einen gut bezahlten Vertrag, ein Drehbuch zu schreiben. Aber sie hat eine Schreibblockade. Und die Leser:innen nehmen teil daran, welche Gründe dies hat. Leila ist nicht immer sympathisch. Sie tötet eine Katze, lügt, betrügt ihren Freund und trinkt meist Alkohol. Sie sucht Gründe für ihre Schreibblockade, hat aber einfach keine Lust, zu arbeiten und findet hierfür allerlei vorgeschobene Gründe. Sie ist also ganz normal und hält uns den Spiegel vor. Haddada gelingt es, dass man einen gewissen Abstand zu Leila hält. Manchmal möchte man sie schütteln und sagen „Mach doch einfach!“. Diese Aufgabe übernimmt dann an einer besonders schönen Stelle der Kämmerjäger, den Leila wegen der vielen kleinen Fliegen beauftragen will, die ständig um ihr Notebook fliegen. Sie hat keine Ahnung, woher diese kommen (zumindest ist „nichts in den Pflanzen“). Aber die Fliegen sind sozusagen ihr Endgegner, die angeblich sogar die Tastatur ihres Notebooks verstopfen. Der Kämmerjäger sagt es ihr: Bring den stinkenden Abfall weg und dann verschwinden die Fliegen. Hier wird klar: Leila ist zwar Drehbuchschreiberin, aber das normale Leben bekommt sie nicht auf die Kette. Haddada schreibt das hervorragend. Es gelingt ihr, dass man auf den rd. 230 Seiten des Buches keine intensive Bindung zu Leila aufbaut, so wie sie es selbst auch nicht kann. Ein grandioser Roman mit einem alles Sagenden Cover!