Eine Charakterstudie

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
nell liest Avatar

Von

Leila versucht ein Drehbuch zu schreiben, die Betonung liegt auf versucht, denn es gelingt ihr einfach nicht. Alles fängt gut an. Durch Leon, ihren neuen Freund, bekommt sie Kontakt zu Produzentin Lenka, die das Drehbuch verfilmen will, aber Änderungen verlangt und die Fertigstellung. Also versucht Leila es, mal mehr, mal weniger. Alles lenkt sie ab, erst Leon, dann Partys, ein andere Mann. Immer wieder verfällt sie in einen Arbeitsrausch aus dem nichts hervorgeht. Und dann ist da auch noch Aischa, die in allen Belangen eine direkte Konkurrenz für Leila darstellt.
„Nichts in den Pflanzen“ von Nora Haddada wollte ich unbedingt lesen, weil Benedict Wells einen Blurb geschrieben hat und ich wurde nicht enttäuscht. Anfangs war ich verwirrt, denn es las sich wie eine Liebesgeschichte, auch wenn Leila Leons Katze auf dem Gewissen hat. Aber mit Liebe hat das nichts zu tun, Leon ist nur Mittel zum Zweck und zwar die ganze Zeit, so wie alle Menschen in Leilas Umgebung. Die Oberflächlichkeit und das Geschwafel der Kreise in der Leila sich bewegt, ist ansteckend und daher auch kein Wunder, dass sie es nicht schafft sich hinzusetzen und voranzukommen. Ihr fliegt schon alles zu, aber sie erkennt es nicht und schöpft ihre Inspiration aus dem Leid der Anderen, vielleicht auch aus ihrem eigenen. Sie ist kaputt.
Leila würde ich ungern begegnen, ich habe sie nicht gemocht. Ihre Berechnung, ihre Gehässigkeit, ihre Ignoranz und ihr Überzeugung, dass es alle besser als sie haben, obwohl sie es nicht leichter haben könnte. Ich hab mir gewünscht, dass sie endlich auf die Fresse fliegt, mal Konsequenzen erfährt und das tut sie.
Nora Haddada hat ein beeindruckenden Roman abgeliefert, was nicht verwunderlich ist, da sie schon viel Erfahrungen gesammelt hat, die sie offensichtlich hat einfließen lassen. Sie ist eine neue erfrischende Stimme in der Literatur und ich freue mich schon mehr von ihr zu lesen.