Eine ungewöhnliche und starke Erzählstimme, mir aber zu unfokussiert

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Ach du sch…denke ich nach dem ersten Kapitel, als die Ich-Erzählerin die teure Zuchtkatze von Leon in der Regentonne ertränkt…
Das wird krasser Stuff, denke ich.

Der Roman ist erzähltechnisch auf zwei, nicht chronologisch ablaufenden, Zeitebenen angesiedelt und wechselt spontan zwischen den Beiden.
Haddada erzählt aus der Ich Perspektive. Ihr Protagonistin heißt Leila, ist Drehbuchschreiberin, und hat durch einiges Glück und Vitamin B einen lukrativen und erfolgsversprechenden Job an Land gezogen. Jetzt muss sie nur noch das Drehbuch leicht abändern und den Schluss schreiben…
Nur noch…und genau hier fangen die Probleme an.
Es scheint, als ist Leila diesem Druck nicht gewachsen. Immer wenn sie am Skript arbeiten will, tauchen merkwürdige schwarze Fliegen auf.
Sie stürzt sich in einem hedonistischen Exzess ins großstädtische Nachtleben und findet allerlei Ablenkungen

„Ich sollte gerade zu Hause sein und ein Ende schreiben, aber ich bin hier und saufe, und eigentlich saufe ich jeden Abend, und nie schreibe ich.“

Leila ist obsessiv besessen von ihrem Love Interest Leon. Eine weitere Vermeidungsstrategie oder Grund für ihre Schreibblockade? Und dann gibt es da auch noch den anderen Leon…
Währenddessen wächst der Druck vor dem Abgabetermin und die Konkurrenz ist groß.
Leilas Pläne einen Aufschub zu erwirken um am Drehbuch weiter zu arbeiten, nehmen ziemlich abgefahrene und abstruse Ausmaße an.

Das sind auch die Anteile, die mir gut gefallen. Die ausufernden Szenen und die krasse, schwer nachvollziehbare Ambivalenz der Protagonistin mag ich sehr. Unter dem zeitlich irrlichterndem Plot und den Leons gibt es eine tiefere Ebene, die interpretationsoffen entdeckt werden kann.
Auch sprachlich finde ich Haddadas Debüt ziemlich ansprechend, gelungen und angenehm anders.


Doch ingesamt hat “Nichts in den Pflanzen” für mich leider nicht gut funktioniert.
Ich denke schon, dass ich das grundlegende Thema erkennen konnte, irgendwas mit Prokrastination, Sinnsuche und das Haufischbecken des Erfolges. Kann aber auch sein, dass es um was anderes geht, denn es wird viel angeschnitten, aber für mich nicht ausreichend auserzählt. Ich fühlte mich im Plot etwas verloren und so kommt bei mir einige Langeweile auf. Hier hätte mir eine klarere Linie und stärkere Fokussierung geholfen.

Ich habe in den letzten Wochen sehr viele Debütromane gelesen, darunter einige äußerst herausragende. Dieser gehörte für mich persönlich nicht dazu, sondern reiht sich im guten Mittelfeld ein.