Hin- und Hergerissen

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gkw Avatar

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Zunächst einmal zur Story:
Leila ist eine junge Drehbuchautorin in Berlin, die endlich einen Vertrag mit einer bekannten Produktionsfirma ergattert hat. Nun muss sie nur noch ihr Drehbuch zu Ende schreiben ... aber das gelingt ihr nicht, sie hat eine Schreibblockade. So treibt sie hin und her durch die Tage, durch die Nächte, durch ihr Leben, aber es ist ein Hin uns Her und kein Vorwärts.

Bei der Bewertung bin ich hin- und hergerissen. Schreibstil genial, Idee gut, Szenerie interessant, gesamte Umsetzung aber nur mittelprächtig.

Zwei Handlungsstränge erzählen die Geschichte, der eine geht von Oktober bis Dezember, der andere setzt im Januar vorher auf und führt dann bis zum Oktober. Die beiden Stränge sind immer im Wechsel, das macht die Orientierung oft schwierig, da wäre mir eine lineare Erzählweise lieber gewesen.
Interessant ist die Szenerie, Berliner Filmschickeria - damit kenne ich mich gar nicht aus, aber es war amüsant, darüber zu lesen und insbesondere, wie genüsslich diese Szene hier seziert wird.

Die Hauptperson Leila ist schwierig. Sie kriegt gar nichts auf die Reihe, verdaddelt ihre Zeit mit Schlafen, Trinken, Partys. Sie gefährdet nicht nur ihre beruflichen Aussichten, sondern auch ihre Beziehung. Sie hat Angst zu versagen, steuert aber ungebremst auf das Versagen zu. Sie ist neidisch und missgünstig, rücksichtslos sich selbst und anderen gegenüber. Einerseits ist sie gelangweilt, andererseits verspürt sie eine nicht beherrschbare Unruhe. Anfangs mochte ich sie, sah in ihr eine Art liebenswerte Chaostante, nachher fand ich sie nur noch unsympathisch, aber ich denke, das war von der Autorin durchaus beabsichtigt.

Sprachlich hat mir das Buch sehr gut gefallen, erfrischend anders, zackig, modern, temporeich, viele Abschnitte sehr ironisch. Da gab es dann oft schöne Textstellen, z.B.: "Draußen Regen, drinnen warm, alles toll." oder "Ich lasse die Tränen auf den Computer tropfen. Irgendwie hoffe ich ja doch, dass er kaputtgeht, Zwei Wochen. Zwei Wochen. Zwei Wochen. Mir ist übel, wenn ich meinen Computer sehe. Ich fühle mich elend, elend, elend."
Das Buch hat ein rasantes Tempo, passend zur Branche.

Vieles ist (mir) leider nicht klar geworden. In dem "älteren" Strang haben alle Personen Namen die mit "L" beginnen, im "neueren" tauchen dann Leute mit "A" als Anfangsbuchstaben auf. Was ist da die Bedeutung? Ebenso unklar blieben für mich die Motive für Momente mit Gewalt und warum sie z.B. Vertrauliches, das ihr Freund ihr erzählt hatte, an eine Journalistin weitergab. Insgesamt empfand ich die Story nach ca. einem Drittel immer häufiger als absurd und abgedreht.

So ist mein Gesamturteil leider nur "so mittel" trotz des Schreibstils, dem ich glatte 5 Sterne gegeben hätte.