Sehr realistisches Drama

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paragraphenreiterin Avatar

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Die Newcomer-Autorin Nora Haddada hat durch ihren Debütroman "Nichts in den Pflanzen" gleich mal einen regelrechten Pageturner hingelegt. Trotzdem ich meiner Lesesucht mehr als nachgiebig fröne, ist es mir nach wie vor ein Rätsel, warum ich mich durch manche Bücher quäle und manche wiederum in Rekordzeit verschlinge. Dieser Roman gehört jedenfalls zur zweiten Sorte.

Es handelt sich um ein extrem kurzweiliges Drama, rund um eine junge Drehbuchautorin, die vom Leben zwar alle Chancen bekommt, die sie sich nur so erträumen kann, aber es leider nicht schafft sie zu ergreifen.
Die Gründe dafür sind vielfältig und mehr oder weniger verständlich. Angst vorm Versagen, übertriebener Perfektionismus, Langeweile, Hedonismus, Bindungsstörungen und nicht zuletzt ein heftiges Suchtproblem.
Je nach persönlicher Lebenserfahrung und Werthaltung schwanken die Lesenden wohl permanent zwischen tiefem Verständnis und Ekel in Bezug auf die Lebensführung und die Entscheidungen der Protagonistin.

Besonders gefallen hat mir die (offensichtliche) Metapher mit den schwarzen Fliegen, die die Autorin immer intensiver davon abhalten sich an die Arbeit zu setzen. Meiner Interpretation nach sollen sie den inneren Schweinehund darstellen, mit dem die meisten Menschen ab und an zu kämpfen haben, wenn sie an einem Projekt arbeiten. Ich kenne auch das Gefühl, dass diese innere Ablehnung immer stärker wird, je länger man das To Do vor sich herschiebt und je näher eventuelle Fristen rücken.
Dass dann irgendwann auch andere Menschen unter so einem Verhalten leiden, liegt auf der Hand und macht die Beziehungsverstrickung der Hauptprotagonistin mit den diversen anderen Figuren im Buch für mich den Reiz und die Tiefe dieses Dramas aus.

Nicht zuletzt hat Nora Haddada es geschafft viel Mitgefühl für ihre Hauptfigur in mir zu wecken. Ich denke jede:r Leser:in findet sich in der einen oder anderen negativen Eigenschaft oder schlechten Entscheidung wieder und fiebert dem Ende des Buchs entgegen, welches für mich ernüchternd realistisch und zeitgleich wahnsinnig authentisch rüber kommt.

Fazit: Klare Leseempfehlung dieses neuen großen Talents der Literatur. Lässt sich leicht und gern an einem Tag (oder eine Nacht) verschlingen. Sehr empfehlenswert für alle, die gerade bisschen "feststecken" in einem beruflichen Projekt - kann nur motivierend sein endlich seinen Allerwährtesten hoch zu bekommen und weiter zu arbeiten ;-)