Zerstörerischer Zorn

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bobbi Avatar

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In ihrem eigenwilligen Debüt „Nichts in den Pflanzen“ schickt die junge Autorin Nora Haddada ihre Protagonistin Leila auf eine turbulent-schwarzhumorige Selbstfindungsreise zwischen Partys, oberflächlicher Kreativszene und einer tiefen Schreibblockade in Berlin. Dabei kommt die eindringliche Ich-Erzählerin nicht sympathisch, sondern eher wütend-manipulativ rüber und verliert sich in allerhand toxischen Beziehungskonstrukten, einem Konkurrenzkampf mit Aischa und dem Druck, besonders kreativ zu sein.

Haddada schildert den Ausschnitt aus Leilas Leben dabei sprunghaft auf verschiedenen Zeitebenen mit allerlei szenischen Beobachtungen der Menschen und Umgebung sowie zeitaktuellen Themen und eindringlichen Gedankenspiralen der Protagonistin. Die junge Drehbuchautorin erhält endlich ihren ersten Auftrag für eine angesehene Produktionsagentur, aber je mehr sie möchte, desto mehr flüchtet sie sich in Prokrastination, Verdrängung, Affären und Alkohol. Dabei gelingen Haddada pfiffige Dialoge und atmosphärische Stimmungen zwischen Kunstszene und Eckkneipen, ohne dass viel passiert. Der Hauptaugenmerk liegt auf Leilas Wunsch, in dieser Szene anerkannt zu werden, doch zuhause vermehren sich Mücken in ihrem Schreibzimmer und symbolisieren metaphorisch Leilas inneren, zerrissenen Zustand voller Selbstzweifel und fehlender Struktur. Und auf ihrem Weg zum perfekten Drehbuch hinterlässt die psychisch labile Leila auch allerhand Zerstörung und Verwirrung.

Der mutig-zornige Debütroman glänzt vor allem mit einer kreativ-modernen Sprache sowie einem unkonventionellen Schreibstil und hinterlässt am überraschenden Ende einige offene Stellen. Ein fragmentarischer, aber intensiver Einblick in ein fremdes, rauschhaftes Leben, das noch nach Sinn und Zugehörigkeit sucht und das literarische Potenzial von Nora Haddada sichtbar macht. Besonders die verstörend-sarkastischen Gedankenwelten von Leila sowie ihre tiefen Einblicke in die Kunst- und Kreativszene hallen lange nach.