Zu viel versprochen!

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Der Sportpsychologe Thomas Curran beschäftigt sich in seinem Buch „Nie gut genug“ mit der Entstehung, den Formen und den Folgen des immer stärker um sich greifenden Perfektionismus. Er unterscheidet zunächst die Facetten des selbstorientierten, fremdorientierten und sozial vorgeschriebenen Perfektionismus und deren Übergänge und Wechselwirkungen. Er zeigt auf, welche Auswirkungen er für uns hat und woher er entsteht bzw beruflich und allgemein gesellschaftlich noch geschürt wird.
Seine abschließenden Betrachtungen, wie man lernen könne, mit gut genug zufrieden zu sein, fällt mit 50 von gut 290 Seiten sehr knapp aus. So bleibe ich als Leser ziemlich verunsichert zurück mit dem Gefühl, den Vorgängen doch recht hilflos ausgeliefert zu sein. Schließlich wurde mir vorher genau aufgezeigt, wie das Wirkungsgeflecht der verschiedenen perfektionistischen Ansprüche sich immer mehr verdichtet. Ob da eine ermutigende Selbstaffirmation allein helfen kann?
Im letzten Teil wird das Buch sehr schwammig. Was hilft mir die Aufforderung, mich selbst als atmendes menschliches Wesen anzuerkennen und zu lieben, und zu begreifen, dass alles anders kulturell bedingte Vorstellungen seien, die ausschließlich da seien, das Wirtschaftswachstum anzukurbeln? (vgl S. 250) Ich fürchte, dass mir das im fordernden Berufsalltag nicht helfen wird, mich selbstbewusst gegen die Ansprüche meines Chefs und den Wettbewerb unter den Kollegen zu behaupten.
Schade, ich hätte mir mehr konkrete Hilfestellungen und Handlungsempfehlungen erhofft, wie ich mich gegen überzogene und kraftraubende Ansprüche von innen und außen wappnen kann! Daher finde ich, dass die Ankündigung einer Befreiung vom Selbstoptimierungsdruck im Untertitel des Buches leider mehr verspricht, als der Autor liefert.