Bonnie und Clyde um 5 vor 12
Abgesehen von schulischer Zwangslektüre gehörte T. C. Boyle lange nicht zu meiner bevorzugten literarischen Kost. Das änderte sich aber mit „Das Licht“, sodass „No Way Home“ nun quasi freiwillige Zwangslektüre war.
Worum es geht, ist ohne zu spoilern, fix umrissen: Terry (Assistenzarzt im 3. Jahr) glaubt jobbedingt mit dem Tod vertraut zu sein, wird jedoch eines Besseren belehrt, als seine Mutter stirbt. Um ihren Nachlass zu regeln, bricht er nach Nevada auf, wo er in einer Bar Bethany trifft. Nach einer gemeinsamen Nacht fackelt sie nicht lange und zieht ins Haus seiner Mutter – zum Missfallen ihres Ex Jesse, dessen Warnungen vor Bethany Terry als bloße Eifersucht abtut. Doch will Jesse ihn wirklich warnen, ist Bethany toxisch, was ist wahr, wie soll es weitergehen?
Vordergründig geht es um eine Art Dreiecksbeziehung, doch das wäre zu simpel für Boyle. Indem er mit Terry einen Assistenzarzt als Protagonisten wählt, kann er deren Ausbildung kritisieren: Denn nur wegen Terrys immenser Belastung, verschärft durch den Tod seiner Mutter, gelingt es Bethany (und Jesse) ihr Spiel mit ihm zu spielen, und zwar in einer Selbstverständlichkeit, die ihresgleichen sucht. So wird Terry ein leichtes Opfer für ein Paar, das ein bisschen wie Bonnie und Clyde wirkt, wobei Jesse zwar einerseits als wandelndes Bikerklischee ein guter Bonnie wäre, andererseits aber spießig wirkt (ich sage nur kurzärmeliges Button-down-Hemd mit Krawatte …). An sich sind Bethany und Jesse Verlierer, die sich nicht anders zu helfen wissen, als durch eine Form gewisser krimineller Energie ihr Leben zu bestreiten. Doch auch mit ihnen kann man irgendwie Mitleid haben, da Jesse Bethany nur mit ein paar Extra-Dollar bei Laune halten kann. Irgendwie sind alle drei Opfer ihrer eigenen Ansprüche, ihrer Leben und der Umstände, unter denen sie leben, wobei sie nicht die typischen Verlierer sind (zumindest Terry nicht, bei man sich jedoch fragt, warum er das Spiel nicht schneller durchschaut und ihm ein Ende bereitet). Boyle kontrastiert hier einen recht typisch städtischen (vermeintlich) Privilegierten mit kleinstädtisch-ländlich Unprivilegierten (Boulder City ist sicher nicht nur wegen des an alte Western erinnernden Settings Handlungsort). Dass die Geschehnisse völlig aus dem Ruder laufen, ist klar; klar ist auch, dass Boyle manchmal in die Vollen langt, aber so manche Beschreibung hätte es wahrlich nicht gebraucht. Boyle zieht alle Register: Liebe, Eifersucht, menschliche Schwächen und Abgründe, Gerechtigkeit (insbesondere die Verteilung von Geld), Drogen und Alkohol, Klischees … kann man mögen, muss man nicht. Doch was er einmal mehr beweist, ist seine sprachliche Qualität: Es ist keine „klassisch-schöne“ Sprache, sondern kleine Seitenhiebe, mit denen er seine Schläge verteilt. Alles in allem verhält es sich mit dem Buch ein bisschen wie mit einem Unfall o. Ä., an dem man vorbeifährt: Man will nicht hinschauen, kann aber den Seitenblick nicht verhindern und schaut dann doch gebannt zu – und dabei ertappt man sich und fährt den eigentlichen Erkenntnisgewinn ein … seine letzten beiden Romane gefielen mir besser, dennoch lesenswert.
Worum es geht, ist ohne zu spoilern, fix umrissen: Terry (Assistenzarzt im 3. Jahr) glaubt jobbedingt mit dem Tod vertraut zu sein, wird jedoch eines Besseren belehrt, als seine Mutter stirbt. Um ihren Nachlass zu regeln, bricht er nach Nevada auf, wo er in einer Bar Bethany trifft. Nach einer gemeinsamen Nacht fackelt sie nicht lange und zieht ins Haus seiner Mutter – zum Missfallen ihres Ex Jesse, dessen Warnungen vor Bethany Terry als bloße Eifersucht abtut. Doch will Jesse ihn wirklich warnen, ist Bethany toxisch, was ist wahr, wie soll es weitergehen?
Vordergründig geht es um eine Art Dreiecksbeziehung, doch das wäre zu simpel für Boyle. Indem er mit Terry einen Assistenzarzt als Protagonisten wählt, kann er deren Ausbildung kritisieren: Denn nur wegen Terrys immenser Belastung, verschärft durch den Tod seiner Mutter, gelingt es Bethany (und Jesse) ihr Spiel mit ihm zu spielen, und zwar in einer Selbstverständlichkeit, die ihresgleichen sucht. So wird Terry ein leichtes Opfer für ein Paar, das ein bisschen wie Bonnie und Clyde wirkt, wobei Jesse zwar einerseits als wandelndes Bikerklischee ein guter Bonnie wäre, andererseits aber spießig wirkt (ich sage nur kurzärmeliges Button-down-Hemd mit Krawatte …). An sich sind Bethany und Jesse Verlierer, die sich nicht anders zu helfen wissen, als durch eine Form gewisser krimineller Energie ihr Leben zu bestreiten. Doch auch mit ihnen kann man irgendwie Mitleid haben, da Jesse Bethany nur mit ein paar Extra-Dollar bei Laune halten kann. Irgendwie sind alle drei Opfer ihrer eigenen Ansprüche, ihrer Leben und der Umstände, unter denen sie leben, wobei sie nicht die typischen Verlierer sind (zumindest Terry nicht, bei man sich jedoch fragt, warum er das Spiel nicht schneller durchschaut und ihm ein Ende bereitet). Boyle kontrastiert hier einen recht typisch städtischen (vermeintlich) Privilegierten mit kleinstädtisch-ländlich Unprivilegierten (Boulder City ist sicher nicht nur wegen des an alte Western erinnernden Settings Handlungsort). Dass die Geschehnisse völlig aus dem Ruder laufen, ist klar; klar ist auch, dass Boyle manchmal in die Vollen langt, aber so manche Beschreibung hätte es wahrlich nicht gebraucht. Boyle zieht alle Register: Liebe, Eifersucht, menschliche Schwächen und Abgründe, Gerechtigkeit (insbesondere die Verteilung von Geld), Drogen und Alkohol, Klischees … kann man mögen, muss man nicht. Doch was er einmal mehr beweist, ist seine sprachliche Qualität: Es ist keine „klassisch-schöne“ Sprache, sondern kleine Seitenhiebe, mit denen er seine Schläge verteilt. Alles in allem verhält es sich mit dem Buch ein bisschen wie mit einem Unfall o. Ä., an dem man vorbeifährt: Man will nicht hinschauen, kann aber den Seitenblick nicht verhindern und schaut dann doch gebannt zu – und dabei ertappt man sich und fährt den eigentlichen Erkenntnisgewinn ein … seine letzten beiden Romane gefielen mir besser, dennoch lesenswert.