Der immerwährende Konflikt : Bei Dreien ist einer zuviel

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toniludwig Avatar

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Tom Coraghessan Boyle, der 76jährige Kultautor aus Amerika, beglückt in einer Weltpremiere die Leserschaft mit seinem 20. Roman >>No Way Home<<, wobei die amerikanische Ausgabe im Original erst ein halbes Jahr später erscheinen wird.
Verlegt wird der Roman erneut bei Hanser (der die europaweiten Vertriebsrechte für seine englischsprachige Ausgabe erworben hat) in der exzellenten und flüssig zu lesenden Übersetzung von Dirk van Gusteren.

Von T.C. Boyle ist der Ausspruch >>Entweder, du bringst die Leute zum Tanzen, oder sie feuern dir Bierdosen an den Kopf<< überliefert und dies kennzeichnet auch den Stil des Erfolgsautors : Gut lesbare Dramatik, eindrücklich und eingängig zugleich, eingebettet in sich überschlagenden Ereignissen.

Diesmal sind es keine vordergründig gesellschaftlichen Themen wie Tierschutz oder Umwelt, sondern wir werden direkt mitgenommen in eine psychologisch packende Dreiecksbeziehung.
Diese entspannt sich zwischen der Krankenhausrezeptionistin Bethany, deren Ex-Freund Jesse und dem übermüdeten, ausgelaugten und auch ausgebeuteten Assistenzarzt Terry, dessen Überforderung durch den Tod seiner Mutter und die danach zu treffenden Entscheidungen nicht eben abnimmt.

Eine romantische Liebensgeschichte zwischen den beiden ? Nicht bei T.C. Boyle, der schon in den ersten Kapiteln die Gegensätze zwischen der besitzergreifenden Bethany und dem fatalistischen Terry gnadenlos offenlegt, ungeachtet der heißen erotischen Nacht im Hause seiner verstorbenen Mutter.
Und zunehmend wird der Leser in den Bann der Beziehungen hineingenommen, die sich zunehmend problematisieren.

Denn Bethany (biblischer Name, abgeleitet vom griechischen Wort für >>Haus der Feigen<<) ist für den nunmehrigen Hausbesitzer Terry in ihrer oftmals eindimensionalen Betrachtungsweise der unterschiedlichen Situationen sowohl anziehend als auch abstoßend zugleich, doch immer wieder gelingt es ihr, ihn für sich einzunehmen und ihre eigenen Ziele (die Aussichten auf ein Haus und eine >>gute Partie<< mit einem vorzeigbaren Partner) zu forcieren.
Gleichwohl spielen sich schier unbegreifliche Dinge in seinem Hause ab, die völlig ausser Kontrolle geraten : der Einzug einer Freundin von Bethany, Orgien, unfassbar viel Alkoholkonsum, Drogen.
Und da ist eben noch Jesse, ein desillusionierter Lehrer mit einem übersteigerten Ego, dessen Lieblingsbeschäftigung Sex, Motorrad und Alkohol zu sein scheinen und der seinerseits um die Beziehung zu Bethany wirbt.
Und immer wider kommt es im Gerangel um die Gunst der Femme Fatale zu Exzessen, Gewalttaten, Hassausbrüchen.
Selten war der Begriff von toxischen Beziehungen so treffend wie in diesem Roman.
Klar scheint auch - aus diesem abgrundtiefen Schlamassel kommt keiner der Protagonisten unbeschadet heraus, es führt >>Kein Weg nach Hause<<.

Boyle erzählt die Geschichte im nahezu unpolitischen provinziell-amerikanischen Nevada mit kaum wahrnehmbarer Kritik am Gesundheitswesen in einer zuweilen kaum auszuhaltender atemlosen Spannung, die den Leser mitreißt, der sich in jedem Kapitel des Romans gut unterhalten fühlt, nicht mehr, aber eben auch nicht weniger.