Haus der Feigen

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owenmeany Avatar

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Dr. Terrence Tully ist ein netter Mensch, aber bis über beide Ohren gestresst von seiner Prüfungsvorbereitung und den problematischen Patienten in der Notaufnahme eines Krankenhauses. Als dann überraschend seine Mutter stirbt, kann er sich nicht der Invasion durch Bethany erwehren, der sein ererbtes Haus gerade gelegen kommt, weil sie sich von Jesse getrennt hat und deshalb ohne Wohnung ist. Immerhin ist sie lieb und hübsch und kümmert sich, also hat Terry nicht so viel dagegen, bis ihr Ex-Verlobter auf der Bildfläche erscheint.

Aus kleinen Schikanen im Rahmen der Dreiecksbeziehung werden rasch Körperverletzungen und Attacken auf den Hund, die Sache eskaliert zu einem regelrechten Duell. Hier liegt die Stärke Boyles: in einer Dramaturgie, die er sich direkt von John Irving abgeschaut haben könnte. Eins ergibt sich logisch aus dem anderen, dann kommen noch ungünstige Umstände dazu, und am Schluss knallt es, wobei immer auch Rachedurst eine Rolle spielt. Die slapstickartigen Szenen sind wahrhaft filmreif.

Sympathieträger gibt es für mich keine. Terry hat seiner Opferrolle wenig mehr entgegenzusetzen als eine grundsolide, aber langweilige Mentalität. Neue Bekanntschaften ordnet er automatisch erst einmal nach medizinischen Kriterien ein. Bethany, eine etwas oberflächliche, wenig zielstrebige junge Frau lässt sich von ihren elementaren Bedürfnissen treiben. Jesse übt sich in abgebrühtem Machoverhalten.

Nach zahlreichen Romanen mit halbdokumentarischen Charakter, gründlich recherchiert, hat er sich hier einmal einem weichen Thema zugewandt: einer Psychostudie, wohin die Gefühle, besondere Lebensumstände und divergierende Persönlichkeiten die Akteure drängen. In den Details hat Boyle das wieder hervorragend und einfallsreich ausgeführt, in der großen Linie hat es einen etwas schalen Nachgeschmack hinterlassen.