Toxische Beziehung über Bande
        T.C. Boyle gelingt es immer wieder aufs Neue, mich zu überraschen, weil seine Themen so breit gestreut sind. Und am Ende gibt es meistens keine Lösung, oder jedenfalls keine befriedigende, so wie es auch im echten Leben keine geben würde. Genau das mag ich an seinen Romanen: kein Twist am Ende, der alles in Wohlgefallen auflöst. Das ist nicht befriedigend, und oftmals bleibt ein schales Gefühl, aber - that’s life, was will man machen. So auch in seinem neuen Roman „No way home“, der ebenso gut No way out heißen könnte. Es geht um eine Dreier-Kombi, die auch im wirklichen Leben gar nicht so selten ist. Junger Mann trifft junge Frau, die gerade frisch getrennt ist. Doch so ganz ist es mit der verflossenen Liebe wohl doch noch nicht vorbei, auch beim Ex nicht, denn dieser taucht ungefragt immer wieder auf, und auch der jungen Frau gelingt es nicht, sich von ihm fern zu halten. Das sind natürlich ungünstige Voraussetzungen für den neuen Lover. Dieser will zunächst auch gar nichts Ernstes mit ihr anfangen, ist aber so hingerissen von ihr, dass er immer wieder einknickt. Außerdem ist sie attraktiv, und er hat nicht viel Beziehungserfahrung, er fühlt sich auch geschmeichelt. Klar ist nur: die Regie führt er nicht. Es ist eine toxische Beziehung über Bande, die sich da auftut: er kann nicht wirklich mit ihr, aber auch nicht ohne sie, sie könnte ohne ihn, genießt aber den Status und die Bequemlichkeit, die er er bietet, wobei sie absolut gar kein Unrechtsbewusstsein hat und keinerlei Gespür dafür, was geht und was nicht. Noch weniger Unrechtsbewusstsein gepaart mit einem schweren Verhaltensdefizit hat der Ex, von dem sie los will oder auch nicht, aber nicht kommt, und der es versteht, bei ihr mit absoluter Treffsicherheit die richtigen Knöpfe zu drücken, um sie immer wieder für sich gefügig zu machen. So in etwa.
Ich habe mich die ganze Zeit gefragt: was will Terry - der Neue - mit dieser Frau? Die passt überhaupt nicht zu ihm. Er wirkt solide und eher ein bisschen schüchtern, ein Draufgänger ist er jedenfalls nicht, und frau muss in seiner Gegenwart auch nicht bei drei auf dem Baum sein. Aber was zur Hölle findet er an dieser unsteten, unverlässlichen Frau? Erkennt er die Abwärtsspirale nicht, in die sie ihn zieht? Das habe ich bis zum Schluss nicht begriffen. Aber - that’s life, ich kann mich da nur wiederholen. In der Liebe setzt der Verstand aus, oder wechselt die Etage, oder beides. Vermutlich weiß er, dass sie nicht gut für ihn ist, und sie weiß, dass der Ex nicht gut für sie ist. Tja. Wie kommt mann/frau da raus? Das ist genau die Frage, für die es keine Lösung gibt.
Boyle erzählt seine Geschichte aus drei Perspektiven, von denen Terry den umfangreichsten Part einnimmt. Dieser Wechsel ist total spannend, weil dadurch klar wird, wie die Beteiligten ticken. Bethany - nicht richtig, aber das merkt man auch vorher schon, nur sie selbst bekommt es nicht mit. Und Jesse, ihr Ex - der ist innerlich viel unsicherer, als er von außen erscheint. Aber ein Kotzbrocken, noch dazu ein gefährlicher, bleibt er dennoch. Ich würde ja sagen, Bethany sollte den Tag verfluchen, an dem sie ihm begegnet ist. Aber das wäre zu viel Absolution, denn ich denke, an ihrem unsteten Charakter hätte das nichts geändert. Ich wünsche Terry von Herzen, dass er die Kurve noch kriegt, das hat er nicht verdient, aber - wer weiß.
Typisch für Boyle ist auch dieser Roman nicht frei von Gesellschaftskritik, doch drängt sich diese nicht in den Vordergrund, man bekommt sie nebenbei mit serviert, und zwar immer dann, wenn wenn die drei Protagonisten an natürliche Grenzen ihres Daseins stoßen, sei es die Abzahlung eines immens hohen Studienkredits, die Unmöglichkeit, eine bezahlbare Bleibe zu finden, die Schrecken des Gesundheitssystems oder die nicht vorhandene soziale Absicherung.
Aus dem amerikanischen Englisch von Dirk von Gunsteren.
    Ich habe mich die ganze Zeit gefragt: was will Terry - der Neue - mit dieser Frau? Die passt überhaupt nicht zu ihm. Er wirkt solide und eher ein bisschen schüchtern, ein Draufgänger ist er jedenfalls nicht, und frau muss in seiner Gegenwart auch nicht bei drei auf dem Baum sein. Aber was zur Hölle findet er an dieser unsteten, unverlässlichen Frau? Erkennt er die Abwärtsspirale nicht, in die sie ihn zieht? Das habe ich bis zum Schluss nicht begriffen. Aber - that’s life, ich kann mich da nur wiederholen. In der Liebe setzt der Verstand aus, oder wechselt die Etage, oder beides. Vermutlich weiß er, dass sie nicht gut für ihn ist, und sie weiß, dass der Ex nicht gut für sie ist. Tja. Wie kommt mann/frau da raus? Das ist genau die Frage, für die es keine Lösung gibt.
Boyle erzählt seine Geschichte aus drei Perspektiven, von denen Terry den umfangreichsten Part einnimmt. Dieser Wechsel ist total spannend, weil dadurch klar wird, wie die Beteiligten ticken. Bethany - nicht richtig, aber das merkt man auch vorher schon, nur sie selbst bekommt es nicht mit. Und Jesse, ihr Ex - der ist innerlich viel unsicherer, als er von außen erscheint. Aber ein Kotzbrocken, noch dazu ein gefährlicher, bleibt er dennoch. Ich würde ja sagen, Bethany sollte den Tag verfluchen, an dem sie ihm begegnet ist. Aber das wäre zu viel Absolution, denn ich denke, an ihrem unsteten Charakter hätte das nichts geändert. Ich wünsche Terry von Herzen, dass er die Kurve noch kriegt, das hat er nicht verdient, aber - wer weiß.
Typisch für Boyle ist auch dieser Roman nicht frei von Gesellschaftskritik, doch drängt sich diese nicht in den Vordergrund, man bekommt sie nebenbei mit serviert, und zwar immer dann, wenn wenn die drei Protagonisten an natürliche Grenzen ihres Daseins stoßen, sei es die Abzahlung eines immens hohen Studienkredits, die Unmöglichkeit, eine bezahlbare Bleibe zu finden, die Schrecken des Gesundheitssystems oder die nicht vorhandene soziale Absicherung.
Aus dem amerikanischen Englisch von Dirk von Gunsteren.
