Berührend

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heike lohr Avatar

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Plötzlich wieder mit der eigenen Vergangenheit konfrontiert zu sein, ist es ein unwahrscheinlcihes Gefühl. Tita, die sich mit der Gestaltung von Buchcovern ihren Lebensunterhalt verdient, verdrängt geschickt ihre Trauer um ihren Vater, Deswegen hat sie auch Sizilien nie mehr besucht.
Als der Bruder ihres Vaters stirbt, muss und will sie nach Sizilien, um sich das Testament anzuhören. Zusammen mit ihren Cousinen und Cousins hat sie das Familienhaus und das bisschen Grund geerbt.
Doch erstaunlicherweise willigt sie nicht in den Verkauf ein. Sie lernt die Freunde und ihre Familie, die noch in dem Dorf dort wohnen, kennen und erfährt immer ein Stückchen mehr von ihrer Vergangenheit.
Patrizia di Stefanos Collagetechnik ordnet die Kapitel so an, dass sie einmal in der Gegenwart spielen und dann in der Vergangenheit, einmal sind es Titas Erinnerungen an ihren Vater, dann wieder die Erinnerungen der Bekannten und Freunden, einmal sind die Erinnerungen aus der Sicht ihres Vaters auktorial und zum Teil mit der Figur beschrieben.
Generell ist Titas Sicht und die ihres Vaters ausschlaggebend.
Durch den persönlichen Background der Autorin wird ein spannendes Zeitgemälde der sizilianischen Landbevölkerung und ihrer Mentalität lebensecht und mitreißend beschrieben. Auch die Fertigpizza, das bescheidene und anstrengende Gastarbeiterleben des 20, Jahrhunderts sind ein wichtiges Thema.
Figuren, Sprache und die Szenen sind perfekt ineinander verwoben und lebensecht. Der Erzählduktus ist so flüssig und mitreißend, dass ich einen freien Tag lang das Buch nicht aus den Händen legen konnte. Ich war ganz in dieser sizilianischen Welt eingedrungen. Mir haben die sizilianischen Sätze und die Mentalität viel von einem Urlaubsfeeling und Eingebundensein in die Lebenswelt gegeben.
Die Sehnsucht nach der Heimat ihres Vaters ist in jeder Zeile des Buches deutlich zu spüren, so dass Titel und auch Titelbild stimmig sind. Fazit: Wer Sizilien und die geradlinige Herzlichkeit der Leute dort mag wird von diesem Buch begeistert sein und einiges über ihre Lebensweise lernen. Gleichzeitig ist der familiäre Zusammenhalt irgendwie beruhigend und gibt ein Gefühl der Geborgenheit beim Lesen.