Magische Spurensuche

Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern Voller Stern
gerwine ogbuagu Avatar

Von

Tita gestaltet Titelentwürfe für neue Bücher und führt ein erfüllendes Leben in Berlin, außerdem hat sie freie Hand in ihrer Arbeit. Doch die Nachricht vom Tod ihres Onkels in Sizilien, ein Bruder ihres früh verstorbenen Vaters, hat einschneidende Konsequenzen für Titas Leben.
Die Geschichte beginnt mit Titas Kindheitserinnerungen. Sie erzählt liebevoll und detailreich von den Reisen der Familie nach Ragusa auf den Familienbesitz Magní bei Ragusa. Wie von einem unsichtbaren Faden zieht es sie nun dorthin. Sie kann sich ihren Gefühlen, ihrer Sehnsucht nicht verschließen. Seit über zwei Jahrzehnten hat sie Sizilien nicht mehr besucht.
Die Geschichte erzählt sie in Rückblicken auf die Kindheit ihres Vaters Gianni und abwechselnd mit der Jetztzeit ihres Besuches. Er ist hochbegabt und schließt das Priesterseminar mit der Matura ab. Doch tief in sich fühlt er, dass es für ihn nicht richtig ist, ein Priesterleben zu führen. In diese Zeit seiner Zweifel fällt die Zeit des Anwerbens in Deutschland von italienischen Gastarbeitern, wie es die Touristen in Sizilien erzählen. So beschließt Gianni nach Deutschland zu gehen um dort sein Glück zu versuchen. Nach schweren Anfängen - ein Fremder zu sein, deutsche Feindseligkeit zu spüren, hart zu arbeiten für wenig Geld und die Heimat zu vermissen, fasst er Fuß, heiratet eine Deutsche und wird zum erfolgreichen Unternehmer mit Restaurantgründungen und der Einführung der italienischen Küche, beginnend mit der inzwischen überall beliebten Pizza. Mit dieser Pizza beginnt eine Zusammenarbeit mit der Firma Dr. Oetker.
Nach Titas Ankunft in Magní fühlt es sich für uns Leser so an, als ob wir zusammen mit Tita durch die Räume gehen und das Anwesen in allen Einzelheiten besichtigen. Diese intensiven Erinnerungen wechseln Kapitelweise ab mit Titas derzeitigem Leben in Berlin, das sie zusammen mit der Vergangenheit und dem Leben ihres verstorbenen Vaters reflektiert. Was uns aus den Seiten entgegenfliegt ist pure, tief empfundene Nostalgie. Ihr Schreibstil ist farbig, ich nenne ihn eine olfaktorische Sinfonie. Gerüche der italienischen Küche mischen sich mit der landschaftlichen Schönheit Siziliens. Erinnerungen, die großartig beschrieben werden und uns die Seele Siziliens und der Menschen nachempfinden lassen, vermittelt der Text dieses Lebensberichtes, der einen wichtigen Teil der deutschen Geschichte enthält, denn er schließt deutsche Geschichte der Moderne ein – wie die Ankunft der italienischen „Gastarbeiter“ wie sie genannt wurden. Diese „Gastarbeiter“ veränderten die deutsche Gastronomie und andere Lebensbereiche in Deutschland nachhaltig, denken wir nur an die Berufe, in denen sie eingesetzt wurden, weil nach dem 2. Weltkrieg Manpower fehlte. Eine Geschichte, die einen gleich in den Bann zieht während des Lesens, weil sie voller Leben steckt. Sie hat mich von der ersten Seite an begeistert. Es lohnt sich, diese Geschichte über eine Familie und zwei Völker zu lesen und vieles zu erfahren, dass wir bisher nicht kannten.