Sehnsucht nach Sizilien

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magdas_buecherwelt Avatar

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Das Cover ist ein Traum und als Italienliebhaberin habe ich das Buch mit großer Freude gelesen. Patrizia di Stefano hat die Geschichte ihres Vaters Giovanni aufgeschrieben, der 1960 als einer der ersten Gastarbeiter nach Deutschland gekommen ist.
Giovanni, von allen nur Gianni genannt, wächst in einer kinderreichen Familie in der Nähe von Ragusa auf. Sein Vater bewirtschaftet ein gepachtetes Landgut. Da Giovanni studieren möchte und die Eltern ihm das Studium nicht finanzieren können, soll er Priester werden. Schon bald merkt er, dass er sein Leben nicht als Priester verbringen möchte. Am Strand lernt er ein junges Paar aus Deutschland kennen, das ihm vom deutschen Wirtschaftswunder vorschwärmt. Die Industrie sucht hängeringend nach arbeitswilligen jungen Männern. Kurz entschlossen steigt er in den nächsten Zug nach Köln, von wo es ihn aber schon nach wenigen Monaten nach Berlin verschlägt. In einer Diskothek lernt er Carla kennen, die beiden heiraten und bekommen zwei Kinder. Gianni eröffnet sein erstes Restaurant und führt die erste Tiefkühlpizza in Deutschland ein. Doch der Arm der Cosa Nostra reicht bis nach Berlin und trotz harter Arbeit sammelt er keine Reichtümer an. Nach kurzer Krankheit stirbt er mit 38 Jahren. Carla zieht einen Strich unter ihr Leben mit Gianni und kehrt nie mehr nach Sizilien zurück.
Der Roman spielt auf zwei Zeitebenen – zum einen Giannis Leben in Sizilien und seine Anfänge in Berlin und zum anderen Titas Reise in die Vergangenheit ihres Vaters, als sie erfährt, dass sie Magní, das Landgut ihres Onkels, geerbt hat. Zuletzt war sie vor sechsundzwanzig Jahren als Zwölfjährige in Sizilien. Sie verliebt sich erneut in das Land ihres Vaters. Von Verwandten und Freunden ihres Vaters wird sie mit offenen Armen aufgenommen, es ist, als ob sie nie weg gewesen wäre. Ihre Cousinen wollen Magní verkaufen, Tita beschließt, ihnen ihre Anteile auszuzahlen und das heruntergekommene Landgut selbst zu erwerben. Es ist der Ort, an dem ihr Vater aufgewachsen ist, sie verbindet mit ihm schöne Erinnerungen an ihre Nonna und die Sommer ihrer Kindheit.
Das Buch ist wie eine Reise nach Sizilien, wir erfahren einiges über die Geschichte Siziliens, die Mentalität und Denkweise der Sizilianer. Sie sind katholisch, aber auch sehr abergläubisch, herzlich und über alle Maßen gastfreundlich. Eine große Rolle spielt die abwechslungsreiche und reichhaltige sizilianische Küche, die von der arabischen und griechischen Küche beeinflusst ist.
Am interessantesten waren für mich Giannis Anfänge in Deutschland. Wie traurig, dass Italiener mit so vielen Vorurteilen konfrontiert und in Gastarbeiterunterkünfte abgeschoben wurden. Umso schöner fand ich, dass Carlas Familie Gianni direkt herzlich in die Familie aufgenommen hat.
Die Autorin hat einen wunderbaren Roman über das Leben ihres Vaters geschrieben, ihm mit ihrem Buch ein Denkmal gesetzt und Sizilien eine Liebeserklärung gemacht. Nostalgia Siciliana hat mich in ihren Bann gezogen und meine Reiselust geweckt. Ich empfehle den Roman allen, die Italien lieben und denjenigen, die sich für die Geschichte der ersten Gastarbeiter in Deutschland in den 1960er und 1970er Jahren interessieren.