Ein Buch über die Frauen

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Ansel Packer ist ein Serienmörder, der auf seine Hinrichtung wartet.
Aber in „Notizen zu einer Hinrichtung“ von Danya Kukafka gibt er nur den Rahmen vor. Seine Taten und seine Geschichte sind das Bindemittel der drei Protagonistinnen. Da ist Ansels Mutter Leander, die vor seinem gewalttätige Vater floh, ihn und seinen Bruder zurückließ und mit der Schuld darüber leben musste. Da ist Saffy, die Ansel als Kind im System kennenlernte und damals schon die Dunkelheit in ihm sah; die Ermittlerin wurde und ihn jagte, weil sie früh wusste, dass er für die Morde verantwortlich war. Und da ist Hazel, die Zwillingsschwester von Jenny, die nicht nur Ansels letztes Opfer wurde, sondern ihn auch mal geliebt hat.
Zwar steht Ansel im Mittelpunkt des Buches, aber die Aufmerksamkeit liegt klar bei den Mädchen und Frauen, deren Leben er auf unterschiedlichste Weise, jedoch immer schmerzhaft, verändert hat. Nicht er spielt die zentrale Rolle, weil die Täter stets im Fokus stehen, sondern die Opfer, die meist nur Namen sind, wenn überhaupt. Das hat mir gut gefallen. Ich bin TrueCrime-Fan, ich kenne die Faszination, die das Böse in einem auslöst und die Frage, warum Menschen so grausam sein können. Die Antwort darauf finden wir nicht bei den Opfern, denn sie tragen niemals und in keinster Weise irgendeine Schuld.
Danya Kukafka reproduziert ein altes Narrativ: der Mann mit schlechter Kindheit, der sich von Frauen unverstanden, beschämt fühlt und dann mit Gewalt reagiert. Das ist nicht neu, allerdings nicht nur Fiktion. Aber durch die Perspektiven der Frauen, die alle eine Wandlung im Hinblick auf Ansel durchmachen, wird dieser Roman besonders. Ich war sofort fasziniert und fiel hinein in die Geschichte. Doch dann wurde es etwas zäh. Der Stil, der mich anfangs so gefangen nahm, wurde zusehends anstrengend, viele Adjektive, sich wiederholende Einzelheiten. Das Ende wiederum hat mich versöhnt, abgeholt und zum Nachdenken gebracht.