Verloren zwischen Vergangenheit und Gegenwart

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buecherboy Avatar

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Nach Jahren in London kehrt Rosa in ihre Heimatstadt zurück – das Pflegegeld für ihre Großmutter im Heim reicht nicht mehr aus. Mit einem blauen Auge und einer spürbaren inneren Unruhe beginnt sie, sich durch die vertraute, aber entfremdete Umgebung zu bewegen. Zwischen Rückkehr, bruchstückhaften Erinnerungen und alten Wunden entfaltet sich das vielschichtige Porträt einer jungen Frau, die nie wirklich im Leben angekommen ist – gefangen in ihrer Vergangenheit und den Bildern ihrer Erinnerung.

Der Roman lebt von seiner dichten, melancholischen Atmosphäre. In Rückblenden werden Rosas Zeit im Klosterinternat, die Freundschaften ihrer Jugend und der frühe Tod ihrer Mutter thematisiert. Lara erzählt zurückhaltend, aber präzise – mit viel Gespür für die Risse zwischen Erinnerung und Realität. Dabei verschwimmen die Grenzen zwischen Traum, Gegenwart und Vergangenheit auf so subtile Weise, dass man als Leser*in mitunter die Orientierung verliert.

Gerade zu Beginn fiel mir der Zugang zur Geschichte schwer: Rosas Verhalten bleibt oft rätselhaft, ihre Entscheidungen wirken sprunghaft oder naiv. Man fragt sich, ob sie sich aus Angst vor erneutem Verlust bewusst in die Einsamkeit und Nostalgie zurückzieht.

Ihre Fixierung auf das Internat erscheint überzeichnet – möglicherweise, weil es für sie die letzte greifbare Verbindung zur Mutter darstellt. Die Rolle des Vaters bleibt auffällig blass und nahezu unberührt. Erst in der zweiten Hälfte nimmt die Handlung an Fahrt auf und weckt die Hoffnung auf eine klärende Wendung. Doch auch hier bleibt vieles offen. Nowhere Heart Land verweigert einfache Antworten – und gerade darin liegt seine Stärke.

Trotz der emotionalen Schwere überzeugt die klare, moderne Sprache. Lara gelingt es, komplexe Gefühle in eindrucksvolle, einfache Bilder zu übersetzen. Das finale Kapitel berührt – man möchte Rosa zur Seite stehen, ihr helfen, sich endlich aus dem Griff der Vergangenheit zu lösen.

Ein stiller, introspektiver Roman über Entfremdung, Herkunft und das fragile Bedürfnis nach Zugehörigkeit. Verstörend ehrlich, schwer greifbar – und lange nachhallend.