Zefressen von Nostalgie und Trauer

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ninaveronika Avatar

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„Nowhere Heart Land“ von Emily Marie Lara, erschienen im Pola Verlag, widmet sich der schmerzhaften Macht der Nostalgie und einer Vergangenheit, die mit ihren gierigen Krallen nach der Hauptfigur greift.

Im Buch begleiten wir Rosa, wie sie in ihre alte Heimatstadt zurückkehrt, um familiäre Angelegenheiten zu klären und dabei gleichzeitig vor ihrem Leben in London flieht. In der Wohnung ihrer dementen Großmutter wird Rosa von Erinnerungen an ihre verstorbene Mutter, die Zeit im Internat und frühere Freundschaften überwältigt. Zunehmend verliert sie sich selbst und gerät in einen Strudel aus Verzweiflung, Einsamkeit und Hilflosigkeit.

Obwohl der Schreibstil des Buches sehr eigen ist, hat mich die Geschichte schnell in ihren Bann gezogen. Die Erzählweise lebt davon, dass man hauptsächlich Einblick in Rosas Gedankenwelt bekommt. Mit all ihren chaotischen, wirren und teils sprunghaften Gedanken. Auf mich wirkte Rosa stellenweise psychotisch und gefangen in ihren (selbst-)zerstörerischen Tendenzen. Die Ausarbeitung dieser intensiven, beklemmenden Gefühlswelt ist der Autorin wirklich gut gelungen. Besonders bemerkenswert fand ich den Kontrast zwischen der stillen, kleinstädtischen Umgebung und der massiven Turbulenz ihrer inneren Realität. Für mich zeigt sich hier eindrücklich, wie viel in einem Menschen vorgehen kann, ohne dass es nach außen hin erkennbar ist. Die Geschichte ist sehr wirr, und oft habe ich mich gefragt: Was genau ist passiert? Diese Frage wurde nicht vollständig beantwortet, denn viele Dinge bleiben ungeklärt oder nur subtil angedeutet. Das empfand ich insgesamt schon als stimmig, an manchen Stellen jedoch ein wenig zu viel.

Am meisten gestört hat mich allerdings das Ende des Buches. Die Auflösung kam mir viel zu plötzlich. Während die Story zuvor von vielen Ecken und Kanten geprägt ist, wirkt das Ende zu rund. Als hätte man krampfhaft versucht, dem Roman einen positiven Abschluss zu geben. Gerade in Bezug auf Rosas psychisch instabilen Zustand konnte mich das Ende nicht ganz überzeugen, da mir hier eine tiefere Auseinandersetzung und Einordnung gefehlt hat. Der Bruch innerhalb eines Wochenendes von „Ich randaliere im IKEA und zünde fast das Möbelhaus an“ zu „Heute bin ich wieder stabil und nehme mein Leben in die Hand“ war mir zu heftig und unrealistisch.

Insgesamt hat mir der Roman gut gefallen, da er die Verzweiflung der Protagonistin und ihre quälenden Gedanken so intensiv vermittelt, dass ich mit ihr gelitten habe. Ich mochte auch den poetischen, sehr eigenen Schreibstil. Doch das Ende passt für mich leider nicht ganz zu der bis dahin so aufwühlenden Geschichte.