Ich habe teilweise nur noch quer gelesen

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elchi130 Avatar

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Der Literaturprofessor Steven und die Collegestudentin Ellie haben schon seit Monaten eine Affäre. Nun fahren sie zum ersten Mal gemeinsam übers Wochenende in ein einsam gelegenes Ferienhaus. Was als romantisches Wochenende geplant war, endet in einem Albtraum.

Während des gesamten Buches ist es mir nicht gelungen, einen Zugang zu Ellie oder Steven zu finden. Obwohl wir in die Gedankenwelt der beiden eindringen, bleiben sie mir fremd. Beide zeichnen sich durch ein hohes Maß an Ich-Bezogenheit aus. Sie sehen in der eigenen Person nur das Opfer und den Täter ausschließlich im Gegenüber. Dabei war es mir nur möglich, über beide den Kopf zu schütteln.

Besonders abstoßend fand ich den Gedanken, zu einem Menschen, den ich aus tiefstem Herzen hasse, eine sexuelle Beziehung aufzubauen, um mir das Vertrauen des anderen zu erschleichen. Das Ganze geschieht, damit ich Rache nehmen kann. Wer macht so etwas Krankes?

Beim Lesen habe ich ständig eine Abwehrhaltung gegenüber den Figuren, den Beweggründen und der Situation, in der sich die beiden befinden, eingenommen. Ellie hat es nicht geschafft, mich für ihre Motive einzunehmen. Genauso wenig, wie sie es geschafft hat, in Steven etwas auszulösen, wie z.B. Reue oder Anerkennen von Schuld. Das Buch war für mich ein Psychogramm der beiden Figuren, d.h. eine umfassende Beschreibung der Seelenzustände von Ellie und Steven. Das war über weite Teile unglaublich langweilig. Beide kreisten stets ausschließlich um sich selbst und ihr Unverständnis für die andere Person. Alles wurde ewig lang und breit ausgewalzt. Um herauszufinden, was am Schluss passiert, habe ich das Buch irgendwann nur noch quer gelesen. Der Schluss war für mich dann ebenfalls eine große Enttäuschung. Kreiste das Buch doch ab einem bestimmten Punkt nur noch um die Frage, wer von beiden überlebt, war der Tod der einen Figur dann so unspektakulär und überflüssig abgehandelt, dass ich es kaum fassen konnte. Wie kann man diesen Schlüsselmoment nur so vergeigen? Was danach kam, zeigte nur einmal mehr, wie geistig krank die Figuren waren.

Schade um die Zeit, die ich mit dem Buch verschwendet habe. Lediglich die Sprache war hin und wieder ein Genuss. Die Formulierungen zeugten von Bildung und Niveau. Das hat mir gefallen. Trotzdem werde ich auf weitere Bücher dieser Autorin verzichten.