Sehr spannend und gleichzeitig gesellschaftskritisch

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ardillas Avatar

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Tsiolkas ist ein sehr interessanter und gleichzeitig über alle Maßen kritischer Roman gelungen. Es hat Spaß gemacht, ihn zu lesen.

Bei einer Grillparty, an der die komplette Familie des Griechen Hector und seiner Frau Aisha versammelt ist, kommt es zu einem weitreichenden Ereignis: Harry, Hectors Cousin, gibt dem 4-Jährigen Sohn von Gary und Rosie eine Ohrfeige. Tsiolkas beschreibt nun aus der Sicht von acht Personen, die anwesend waren, wie sie die Situation empfunden haben und wie es deren Leben beeinflusst hat. Jeder dieser acht denkt über sein eigenes Leben nach. Ob das nun durch die Ohrfeige ausgelöst wurde oder sowieso passiert wäre, sei mal dahingestellt. Spannend ist es auf jeden Fall.

Aisha: ein interessanter Charakter. Sie ist eine gute Mutter und seit ewigen Zeiten mit Hector verheiratet. Sie hat eine eigene Tierarztpraxis. Und sie ist sehr einsam. Ihre Familie lebt nicht in Australien. Ihre Freundinnen Rosie und Anouk allerdings und so ersetzen sie ihre Familie. Und die wird in den Grundmauern erschüttert, als Rosies Sohn die Ohrfeige erhält. Aisha erweist sich als starker unnachgiebiger Charakter. Genauso hatte ich mir diese Frau vorgestellt. Von ihrer einmal gefassten Meinung weicht sie keinen Zentimeter ab.

Hector: ein Hallodrie, wie er im Buche steht. Trotz einer wunderschönen, intelligenten Ehefrau reicht ihm sein Leben so nicht. Er verkörpert für mich den leicht arroganten, überheblichen, zugegebener Maßen attraktiven Mann, der sich schnell langweilt und nicht zu schätzen weiß, was er hat. Und als er es feststellt, verwandelt er sich in ein Häufchen Mann, den eine Frau schwerlich ernst nehmen kann.

Richie: für mich einer der interessantesten Charaktäre, der zwar nicht im Vordergrund steht, aber einfach nicht fehlen darf. Grade weil der Roman gesellschaftskritisch in jeder Hinsicht ist, darf so ein Charakter nicht fehlen. Richie ist liebenswert, gefühlsbetont, treu. Er versucht es jedem recht zu machen. Dabei vergißt er, sich selbst treu zu sein. Hat man am Anfang noch das Gefühl, Richie würde mit sich im Reinen sein, wird das zum Schluß verworfen.

Anouk: sie ist die Antifrau. Karriere, keine Kinder, ein viel zu junger Liebhaber. Und grade damit lebt sie das Leben, wovon viele "Hausmütterchen" träumen. Das macht den Roman nochmal um einiges interessanter.

Fazit: absolut lesens- und empfehlenswert. An keiner Stelle habe ich mich gelangweilt. Die ganze Situation aus verschiedenen Blickwinkeln zu schildern, ist ein klasse Schachzug. Tsiolkas reibt der Gesellschaft mit jedem einzelnen Charakter ihre Tabus unter die Nase. Und das mitzuverfolgen ist einfach nur klasse.