Wunderschönes Setting, aber für die Story habe ich Kritik

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dark rose Avatar

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Lina lebt schon ihr ganzes Leben auf den Färöer Inseln und beinahe genauso lang, träumt sie davon zu flüchten. Doch seit dem Tod ihrer Mutter ist ihr Vater ein depressives Wrack und Lina traut sich nicht, ihn sich selbst zu überlassen. Also vermietet sie stattdessen einen umgebauten Schuppen als Bed & Breakfast. Ihr aktueller Gast ist Louay, ein Schriftsteller, der schon diverse erfolgreiche Liebesromane geschrieben hat – aber alle unter einem Pseudonym. Jetzt will er endlich ein Buch schreiben, auf dessen Cover sein Name stehen soll – das Problem: ihm fällt absolut nichts ein.
Beide merken schnell, dass da etwas zwischen ihnen ist, aber wie soll das auf Dauer funktionieren? Lina kann nicht weg und Louay lebt in Kopenhagen.


Das Setting ist wirklich mega. Man kann die Inseln und die Landschaft richtig vor dem inneren Auge sehen. Einerseits ist es eine liebevolle Beschreibung, andererseits aber auch eine realistische. Das Wetter ändert schlagartig seine Meinung und nicht alles, was hübsch aussieht, ist auch ungefährlich. Mir gefiel auch die Einbindung von lokaler Folklore.

Lina und Louay waren mir nicht unsympathisch, aber das zwischen ihnen entwickelt sich extrem langsam – mir war das zu langsam. Lina leidet unter ihrem antriebslosen, depressiven Vater, der ihr, wenn, er mit ihr spricht, nur mit Vorwürfen kommt, während sie alles gibt, um sie über Wasser zu halten. Louay hat mit Rassismus zu kämpfen und Vorurteilen. Würde die Zielgruppe seiner Romane diese noch kaufen, wenn sie wüsste, dass er sie geschrieben hat? Jemand mit Migrationshintergrund, der weder weiß noch eine Frau ist? Er will etwas Eigenes erreichen, etwas, auf dem sein Name steht und etwas, mit dem seine Familie ebenso angeben kann, wie mit den Erfolgen seiner Geschwister.

Die Kämpfe, die beide auszufechten haben, werden zwar gut dargestellt, aber mir fehlte da oft die Konfrontation. Warum geigt Lina ihrem Vater nicht mal die Meinung? Warum sucht sie für ihn keine Hilfe? Louay ist inspirationslos und wälzt sich im Selbstmitleid. Ja, eine Schreibblockade ist nicht ohne, aber trotzdem. Über allem lag diese ewige Melancholie.

Die Wendung fand ich wenig überraschend, ich hatte mir schon gedacht, dass das passiert, aber nicht, was dahintersteckte, das war schon heftig. Leider reagierte Louay genau so, wie ich es befürchtet hatte, aber wie es danach weitergeht, mochte ich.

Ich hatte massive Probleme damit, die Liebesgeschichte zwischen Louay und Lina zu glauben. Ich habe sie leider nicht gefühlt.

Was mir ebenfalls Probleme gemacht hat, war, wie mit den Problemen der Protagonisten umgegangen wurde. Sie wurden ganz lange einfach als „gegeben“ hingestellt und bei der eigentlichen Aufarbeitung ist man nicht dabei. Das fand ich echt schade. Gerade das mag ich bei Romanen, dabei zu sein, wie Protagonisten ihre Probleme angehen und sich entwickeln.


Fazit: Ich fand das Setting wirklich mega, aber mit den Protagonisten hatte ich meine Probleme. Sie waren mir nicht unsympathisch, aber wirkten auf mich oft antriebslos. Die Liebesgeschichte entwickelt sich extrem langsam – mir war das viel zu langsam – und alles unter diesem ewigen Schleier der Melancholie.
Einiges war in meinen Augen vorhersehbar, was nicht zwingend etwas Schlechtes ist, ich fand es nur schade, dass die Protagonisten genau so handelten, wie ich es erwartete und mich da nicht überraschten. Das eigentliche in Angriff nehmen ihrer Probleme geschieht größtenteils hinter den Kulissen.

Ich fand Setting und Thema wirklich interessant, aber mit der Umsetzung hatte ich meine Schwierigkeiten. Ich fand das Buch nicht schlecht, aber es konnte mich auch nicht vollkommen von sich überzeugen. Von mir bekommt es 3 Sterne.