Das Portal

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r.e.r. Avatar

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"Der Computer ist ein Portal, durch das man in ihr Haus gelangen kann". So schreibt Lisa Gardner im Prolog ihres Thrillers "Ohne jede Spur". Sie legt diese Worte ihrer Protagonistin, dem späteren Opfer, Sandra Jones in den Mund. Sandra berichtet als Ich-Erzählerin aus ihrem Leben bevor sich alles veränderte. Die Veränderung tritt in Form eines Schattens des Nachts an ihr Bett. Und sie beschließt nicht zu schreien um die vierjährige Tochter Ree zu schützen.

Ein guter Prolog lässt den Leser zügig in die Geschichte gleiten. Und Lisa Gardner hat hier sozusagen eine Eisbahn geliefert. Der Ton den ihre Figur anschlägt ist in seiner einfachen Klarheit anheimelnd zu Lesen und dennoch vibrierend vor Spannung. Die Tagesroutine erinnert in vielem an den eigenen Tageslauf, sofern man berufstätig ist und Kinder hat. Die Gedankengänge sind nachvollziehbar, der verbale Humor ebenfalls. Es gibt Sätze die prägen sich ohne mehrmaliges Lesen sofort ein. Der eingangs erwähnte ist ein Beispiel. Aber auch eine liebevolle Bemerkung zu der kleinen Tochter: "Schätze es dauert nicht lange und sie verlangt die Autoschlüssel". Das wirkt, weil es so authentisch ist. So oder so ähnlich denkt man bisweilen über seine Kinder.

Der Sprung zum zweiten Kapitel für die Ermittlerin D.D.Warren ein. Auch hier überzeugt Gardner durch ein sicheres Gespür für die Herausarbeitung von Charakteren und Spannungsaufbau. D.D. als Figur vespricht nicht nur eine professionelle Ermittlung, sondern auch eine emotionale. Die viel Raum für das Privatleben dieser toughen Enddreißigerin lässt. Und wenn man allein ihre Sexphantasien nimmt, scheint einiges auf den Leser zu zu kommen.

Sehr schön eingearbeitet sind auch die Hintergrundinformationen zu Boston. Es scheint sich hier um einen, im besten Sinne, altmodischen Thriller zu handeln. Nicht zu viel Blut sondern eher eine raffinierte Handlung. Personenorientiert und psychologisch hintergründig.