Nichts ist so wie es scheint

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theresia626 Avatar

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Sandra Jones ist verschwunden als ihr Mann Jason nachts von seiner Arbeit als Reporter bei der Boston Daily nach Hause kommt. Es deutet nichts auf ein Verbrechen, das Haus in South Boston gleicht einer Festungsanlage, Stahltüren, einbruchsichere Fenster, keine Spuren eines gewaltsamen Eindringens. Die Ermittler D.D. Warren und Miller stehen vor einem Rätsel. Die Familie lebt bescheiden und sehr zurückgezogen, Freunde werden nicht empfangen, Extravaganzen sind selten drin, obwohl die Eheleute Jones über ein beträchtliches finanzielles Polster verfügen. Keine Kontakte zu anderen Familienmitgliedern. Ihre Tochter Clarissa Jane genannt Ree, ein sehr intelligentes und aufgeschlossenes vierjähriges Mädchen, wächst sehr behütet auf.

Anfangs hat mich die Leseprobe nicht so überzeugt, jedoch wurde ich dann doch mit Lisa Gardners Thriller „Ohne jede Spur“ gut unterhalten. Zwischen etwas sehr dünnen, nach kurzer Zeit abstehenden Buchdeckeln und einem grellen, mich nicht überzeugenden Cover, verbergen sich 540 interessante Seiten. Lisa Gardner serviert dem Leser nach außen hin die typisch heile amerikanische Familie. Schöne Ehefrau, geachtet in ihrem Beruf als Lehrerin, liebenswerte Tochter, fürsorglicher Familienvater. Doch schaut man hinter die Fassade, dann trifft auch hier das Sprichwort „Unter jedem Dach wohnt ein Ach“ den Nagel auf den Kopf. Die Eheleute Jones führten ehr eine Zweck- denn eine Ehe aus Liebe und alles dreht oder drehte sich nur um Ree. 

Das Buch läßt sich gut und flüssig lesen, der Plot ist gut durchdacht, mit einem lange Zeit unvorhersehbaren Ende. Ständig werden durch das Auftauchen neuer Verdächtiger falsche Fährten gelegt. Wie aus dem Nichts kommt auch der Vater von Sandra auf den Plan und erzwingt sich Kontakt zu seiner Enkelin Ree. Er muß Dreck am Steck haben, denn Sandra hat ihrem Mann ein Versprechen abgenommen. „Falls du jemals meinem Vater begegnen solltest, schlag ihn zuerst tot und stell deine Fragen später. Er darf nie mit Ree in Berührung kommen.“ (S. 236) Der Leser rätselt, wer in den engeren Kreis der Verdächtigen fällt. Der in der Nachbarschaft lebende Sexualstraftäter Aidan Brewster, der als Jugendlicher Sex mit einer Minderjährigen hatte, seine Strafe inzwischen aber verbüßt hat oder vielleicht doch der Ehemann, der zwar ein Alibi besitzt, dessen Vergangenheit aber lange Zeit im Dunkeln bleibt. Seine Geschichte wäre noch ausbaufähig gewesen. Die anderen Protagonisten sind gut ausgearbeitet. Sergeant D.D. Warren, immerhin 20 Jahre im Polizeidienst, hat mich nicht so überzeugt. Ihre Gedanken drehen sich, neben ihren Ermittlungen, nur um zwei Dinge, Essen und Sex. Auch verwundert es, das niemand außer der Vermieterin und dem Arbeitgeber von Aidan Brewster Kenntnis davon hatte, daß ein Sexualstraftäter in dieser beschaulichen Vorstadtgegend wohnt. Für amerikanische Verhältnisse eigentlich undenkbar. Zum Schluß bleiben dann doch noch ein paar Fragen offen.

Empfehlenswert für Krimi- und Thrillerfans, die mal eine etwas andere Story lesen wollen, gerne länger im Dunkeln tappen und nicht an Blutvergießen sowie diversen ausführlich beschriebenen Foltermethoden interessiert sind, denn die gibt es hier nicht.