Atemberaubende Zwischenzeit

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eckenmann Avatar

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Die Ich-Erzählerin nimmt uns mit auf eine Jahresreise - wichtige Ankerpunkte sind dabei ihre Gefühlslage infolge der frischen Trennung nach kurzer Ehe und ihr beginnendes Berufsleben nach dem Jurastudium.
Esther Schüttpelz hält ihre Protagonistin, deren Namen man nicht erfährt, im "Spannungsfeld zwischen Verbindung und Distanz", wie sie es im beigefügten Interview am Ende des Buches betont.

Cover und Gestaltung machen neugierig und sind mir ein wenig rätselhaft, die Reihe Diogenes gefällt mir sehr, so dass ich das Buch ohnehin gern zur Hand nehme.

Immer wieder sehe ich Zeichen von Distanz und versuchter Annäherung der Romanheldin an Freunde und ehemalige Mitstudierende, auch an Männer.
Sie beschreibt die Ausflüge und Erlebnisse, die Eindrücke und Gedanken der Heldin sehr direkt und teilweise übergangslos, schildert drastisch mittweilen derb, hält mich mit ihrem Schreibstil in ihrem Bann.
Als würde ich dabeisein oder mit und bei ihr unterwegs sein.
Ein wenig könnte ich es mir so vorstellen, als wäre die beste Freundin bei ihr und würde all das erfahren.

Frisch, frech und frei erzählt ist es immer wieder auch sehr humorvoll gestaltet, die Lesereise geht so schnell vonstatten, manchmal scheint mir, ein wenig zu schnell und zu hastig. Es ist aufmerksames Lesen gefordert, direkte Reden reihen sich in den Romantext flüssig und geschmeidig wie Dialoge ein, sehr lange Sätze finden sich ebenso wie ganz kurze Splitter.

Ich finde die Hauptfigur der jungen Frau schon authentisch - das Wechselbad der Gefühle und Gedanken sind stimmig gefasst, ich erlebe mitunter eine Achterbahnfahrt, viel Unsicherheit und Ausprobieren - ebenso scheint sie mit sich (noch) nicht im Reinen zu sein.
Dies ist zwischen den schnell verfliegenden Zeilen für mich herauszulesen.
Spannend ist auch, dass der Ehemann, der nie ganz von ihr weg kommt (ist) bis fast zum Schluss ohne Namen bleibt.

Ein wenig habe ich mich an meine Studentenzeit erinnert gefühlt und mich beim Mitlesen in Stimmungen und Schwankungen junger Akademikerinnen einfühlen können. Insgesamt sehe ich auch generationsübergreifend eine Art "Zwischenzeit" beschrieben - wie ein Intermezzo auf der Suche nach seinem Selbst.

"Ohne mich" sehe ich als Leseempfehlung vor allem - aber nicht nur - für jüngere Frauen um die 30.