Beeindruckendes Debüt

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„Ohne mich“ ist Esther Schüttpelz überaus gelungenes Debüt. Über ein Jahr begleiten wir die Erzählerin. Dieses Jahr ist besonders, denn es ist ihr Trennungsjahr. Den Ehemann hatte sie eher aus einer Laune heraus geheiratet und jetzt, wo sie wieder allein ist, weiß sie nicht so recht, wohin. Nebenher macht sie ihr Referendariat, denn sie studiert Jura. Das hält sie nicht davon ab, feiern zu gehen und jede nur mögliche Ablenkung mitzunehmen. Natürlich bleibt da das ein oder andere emotionale Loch nicht aus und am Ende steht eine Erkenntnis - wie es sich für einen guten Roman gehört.
Mir hat „Ohne mich“ außerordentlich gut gefallen, denn ich konnte mich oft mit der Erzählerin identifizieren. Zwar bin ich etwas älter, glücklich verheiratet und keine Juristin, aber das Gefühl „lost“ zu sein, kenne ich sehr gut (davor ist wohl auch niemand gefeit). Oft habe ich gedacht, dass Esther Schüttpelz genau die Worte gefunden hat, die mir so oft fehlen. Und hat mir gleich noch einen neuen Liebesbegriff beigebracht, die „Welpenliebe“.
Der Roman spielt im Hier und Jetzt; er ist mit den neuen Generationen verhaftet, das macht ihn nahbar, spürbar. Das wird wohl nicht nur mir so gehen. Zudem enthält er Themen wie Feminismus und Sinnsuche, aber fast wie nebenbei und nicht aufdringlich, was auch vielen gefallen könnte, die mit diesen Dingen eher Schwierigkeiten haben.
Zentral ist die Erzähltechnik des Gedankenstroms, die ich sehr mag und die Esther Schüttpelz hervorragend beherrscht. Natürlich kann das auch anstrengend sein, aber diese moderne Interpretation hat nichts altbackenes oder mühsames. Es ist unvermittelt und ich hatte das Gefühl, dass manche Gedanken auch meinem Gehirn hätten entsprungen sein können.
Am Ende hält sie noch eine kleine Wendung parat, die man so nicht hat voraus ahnen können.
Alles in Allem, ist es wirklich ein wunderbares Debüt, das man mit seinen 206 schnell zur Hand nehmen kann. Ich hoffe, es ist erst der Anfang von Esther Schüttpelz als Schriftstellerin.